Kracht - © Foto: Imago / Future Image

Christian Kracht: billiger Weißwein, schlimme Verwandte

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Mit „Eurotrash“ kehrt Christian Kracht zu seinen Anfängen zurück. Sein Ich-Erzähler reist durch die Schweiz – und dabei gleichzeitig durch die Abgründe seiner Familiengeschichte.

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Mit „Eurotrash“ kehrt Christian Kracht zu seinen Anfängen zurück. Sein Ich-Erzähler reist durch die Schweiz – und dabei gleichzeitig durch die Abgründe seiner Familiengeschichte.

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Wenn es alle paar Jahre in der Gerüchteküche zu brodeln beginnt und eingeweihte Stimmen davon raunen, dass alsbald mit einem neuen Roman Christian Krachts zu rechnen sei, herrscht im deutschsprachigen Feuilleton Alarmbereitschaft. Wie kaum ein Zweiter erregt der 1966 in der Schweiz geborene Kracht literaturtheoretisch geschulte Leserinnen und Leser und darf bei diesen mit höchstem Wohlwollen rechnen. Vor allem der männliche Teil der Literaturkritik vermag kaum an sich zu halten, wenn der mit allen Wassern der Selbstinszenierung vertraute Kracht eine neue Spielanleitung präsentiert und die Bausteine seiner eigenen Biografie hin und her zu schieben beginnt.

Autofiktionales Spiel

Kracht zählt zweifelsohne nicht nur, wie es sein Verlag merkwürdig ungelenk ankündigt, zu den „modernen deutschsprachigen Schriftstellern“, sondern versteht sich vor allem darauf, sein Publikum mit jedem neuen Buch zu überraschen, zum Beispiel mit „1979“, „Imperium“ oder „Die Toten“. Und natürlich gab es da – 1995 – sein fulminantes Debüt „Faserland“, jenen Roman einer Reise von Sylt bis an den Bodensee, der sich fest in die Annalen der (Pop-)Literaturgeschichte eingeschrieben hat.

„Eurotrash“, Krachts jüngster Streich, knüpft unverkennbar an „Faserland“ an, ja, ist in gewisser Weise als dessen Fortführung zu verstehen – ablesbar auch daran, dass das erste („also“) und das letzte („bald“) Wort in beiden Büchern identisch sind. Erneut bezieht sich Kracht auf die ergiebige Geschichte seiner Familie. Der Ich-Erzähler, zwei Jahre jünger als sein Verfasser, ließe sich – wenn man literarische und reale Gestalten in einen Topf werfen würde – leicht mit Christian Kracht selbst verwechseln. Was dieser an Familienepisoden aufgreift, ist zum Teil bekannt. Vor allem Krachts gleichnamiger Vater, der zu den bedeutenden, sehr gut verdienenden Medienmanagern der Bundesrepublik Deutschland gehörte, bleibt ein Gegenpol, der vieles von dem verkörpert, was sein Sohn bzw. der Erzähler zutiefst ablehnt.

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