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Das Recht auf Widerstand

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Merkwürdig sind oft die Motive, dl Menschen zum Widerstand gegen obrigkeitliche Gewalt veranlassen, und nicht alle werden von ideellen Beweggründen geleitet. Der naturalisierte Schwede Ericson wird in dem Film „Verrat auf Befehl“ vom amerikanischen Geheimdienst während des zweiten Weltkrieges gezwungen, Spionage gegen Hitler-Deutschland zu treiben, da ansonsten sein florierendes Ölgeschäft mit der deutschen Kriegsindustrie unterbunden wird. Es sind also sehr materialistische Gesichtspunkte, die ihn leiten. Anders ist es mit einer Helferin, die als überzeugte Katholikin gegen die Naziherrschaft eingestellt ist, bis sie merkt, daß ihre ehrlich vollzogene Gewissensentscheidusg für viele Unschuldige Tod und Verderben bedeutet. Der deutsche Partner Ericsons lehnt zwar das Regime aus humanitären Gründen ab, ist aber nur schwer zu bewegen, sein eigenes Vaterland zu verraten. Schade, daß dieser Streifen stellenweise zu sehr auf reißerische Wirkung bedacht ist, den Widerstand gegen Unmenschliche Machthaber viel zu sehr als turbulente Abenteuer und Spiel mit der tödlichen Gefahr schildert, als sich ehrlich mit diesen schwierigen Fragen auseinanderzusetzen. Noch dazu stören diesmal die Farben ganz besonders und erhöhen die verharmlosende Wirkung der ganzen Schilderung. Das Recht auf* ' - Widerstand **** - urtbestwtten. die Grenzen aber zwischen Unrecht und subjektivem Recht zu ziehen. ist eine schwierige' Gewissensentscheidung/' überdies erschwert durch das gefährliche Risiko auf Leben und Tod. Dennoch scheint es wichtig, an diesem Problem-komplex nicht vorbeizucehen, denn zu allen Zeiten in vielen Ecken der Welt stehen immer wieder Menschen vor solchen lebensgefährlichen Entscheidungen, die nur das eigene Gewissen vollziehen kann. Vielleicht würde die Weltgeschichte anders aussehen, hätte der Mensch nicht oft bei dieser Frage versagt.

Keine Gewissensentscheidung belastet Roberto in dem französischen Streifen „Sie nannten ihn Rocca“, denn diesmal clätschert die sogenannte „Neue Welle“ des französischen Films wieder in trüben Abwässern menschlichen Außensei-tertums. Roberto ist ein skrupelloarr Abenteurer mit einem sentimentalen Zug zu einem wohlgeordneten bürgerlichen Leben, bewegt sich aber ausschließlich in den übelsten Unterweltskreisen, schätzt fremdes Leben gering und haßt sein eigenes Dasein, seine Umwelt und jede sittliche Ordnung und ist ratlos, weil er mit dieser Haltung nicht zurechtkommt. Warum eigentlich? Ohne dem Film die Ehre literarischer Ideenverbindungen geben zu wollen, zeigen einige Handlungszüge und Motivierungen deutlich Anklänge an Albert Camus' These von der widerspruchsvollen Sinnlosigkeit der menschlichen Existenz, ohne aber zu einer läuternden Klärung durchzustoßen. Diese Skepsis fiebert wie ein langsam aber unweigerlich zerstörendes Gift in den meisten „Helden“ der „Neuen-Welle“-Produktionen Frankreichs. Das Gift einer nihilistischen Weltsicht lähmt Körper und Geist, denn es verhilft nicht zut Freiheit von hergebrachten Bindungen, wie so gerne vorgegeben wird, sondern verstrickt in sinnlose Schuld, bis die erlösende Kugel ein Ende bereitet und das „Nichts“ vollständig wird. Aber hinter diesem „Nichts“ steht ja eine neue Existenz, die man nur nicht wahrhaben will, weshalb man sie auch so stürmisch zu verleugnen sucht.

F i 1 m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich): III. (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Trommeln des Urwalds“, „Er kann's nicht lassen“.*) - IV. (Für Erwachsene): „Verrat auf Befehl“. - VI a. (Für Erwachsene, mit Vorbehalt): „Finden Sie, daß Constanze sich richtig verhält?“, „Ein Toter sucht seinen Mörder“, Zwischen Schanghai und St. Pauli“. — V. (Abzuraten): „Sie nannten ihn Rocca“, „Da Kabinett des Dr. Caligari“.

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