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Der Fall Ingmar Bergman
INGMAR BERGMAN. Von Jacques Slolle r. Marlon-von-Schröfler-Verlag, Hamburg. 19S Seiten, DM 14.80.
INGMAR BERGMAN. Von Jacques Slolle r. Marlon-von-Schröfler-Verlag, Hamburg. 19S Seiten, DM 14.80.
Europa entdeckte Bergman in Cannes 1956 mit „Das Lächeln einer Sommernacht“: Es war der 16. Film des damals 38jährigen! (Nach Wien fand er noch später). Inzwischen ist sein Werk, das von Film zu Film so heftig diskutiert wird wie nur das Bunuels oder Antonionis, auf 33 Filme angewachsen. Es wird Zeit, über ihn zu schreiben... Zwei Franzosen, Beranger und Sicher, schrieben über ihn knapp hintereinander schön vor sechs Jahren je ein Buch. Nun hegt wenigstens das des letzteren deutsch übersetzt und bis 1964 fortgeführt vor:
So gut wie alle Bergmanfilme sind analysiert, gedeutet und kritisch angeleuchtet; aber es geht dem Autor wie uns: seine Filme sind nicht auf einen Nenner zu bringen. Auffallend die Nähe von Eros und Theos, wofür es in der Kulturgeschichte Parallelen gibt. Aber schon der letztere macht Schwierigkeiten. Bergman selbst sagt über sein „siebentes Siegel“: „(Es ist) der Mensch, seine ewige Suche nach Gott und dem Tod als einziger Sicherheit“ und „Glaube und Zweifel meine treuen Weggenossen“; demgegenüber hören wir in „Einen Sommer lang“ Maries böses Lästerwort: „Ich glaube nicht, daß es Gott gibt, und wenn es Ihn gäbe, würde ich Ihn hassen. Wenn Er vor mir stünde, würde ich Ihm ins Gesicht spucken“ und im Film „Lektion in Liebe“: „Was ist das, Liebe? Eine Grimasse, die mit einem Gähnen endet.“ Sicher flüchtet in Vorbilder: Sartre und Pirandello, Bernstein, Strindberg, Kierkegaard, Sternberg, Carnl und Sjöström, ohne damit „den Fall“ zu klären, eher, um ihn noch mehr zu verwirren. Auffallend, wie Sicher völlig anders als wir hier wertet: „Die Jungfrauenquelle rangiert tief unten, ganz oben „Das Lächeln einer Sommernacht“. Auch hier Widerspruch über Widerspruch, der anscheinend den „Fall Bergman“ überhaupt darstellt. Was wird noch folgen?
Des gleichen Hamburger Schröder- Verlags „Cinemathek“ der Drehbücher gedeiht frisch, nicht immer fromm und fröhlich, weiter. Klammern wir John Osbomes losen Vogel „Tom Jones“ (Nr. 13) aus, so stecken wir mitten im Gestrüpp neuzeitlicher Irrungen und Wirrungen: Antonionis „Die rote Wüste“ (Nr. 11), Berg- mans „Das Schweigen“ (Nr. 12) und Polanskis „Ekel“ (Nr. 14). Das Ver- lagsuntemehmen bleibt interessant, auch wo sich uns bei der Lektüre da und dort die Haare sträuben.
Einen Mordsspaß ergibt der gezeichnete Kommentar Peter Neugebauers in „Vivat Vampir“ (Ein Photobuch über sonderbare Film- lieblinge von Dracula bis Frankenstein, Diogenes-Verlag, Zürich). Hier fällt mit gezieltem Humor auch die letzte Hülle schleimiger Sensationen.
Harry Nestors jüngster „Filmalma- nach“ aus Österreich hat zur schweren Fracht tausender Anschriften von
Behörden, Institutionen, Personen und Kinos auch noch die drückende Bürde der Postleitzahlen auf sich genommen. Dank ihm und dem Post- füchslein: wir werden langsam Europäer.
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