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Dokumentierte Katholizität

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FURCHE: Könnten Sie, verehrter Professor, eine besondere Intention, ein besonderes Anliegen nennen* das Sie bei der Ausarbeitung des Romans vor Augen hatten.

GÜTERSLOH: Ich wollte einmal meine Katholizität ein bißchen beweisen. Der Meister, der hier das theologische Gespräch führt, bin ich selber. Ich wollte hier meine Katholizität dokumentieren und das ist hoffentlich auch gelungen.

FURCHE: Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß viele Dinge, die heute das theologische Gespräch der Kirche bewegen, wie Entmythologisierung, Entsakralisierung, Inkarnation, Weltoffenheit usw. Sie zu einer Stellungnahme herausgefordert haben.

GÜTERSLOH: Das war nicht ausdrücklich beabsichtigt. Diese Diskussionen gab es ja damals, als die ersten Seiten entstanden, noch gar nicht. Doch kann ich nicht leugnen, daß mich diese Probleme schon lang und sehr tief bewegt haben. Wenn ich damit heute eine Stellung bezogen zu haben scheine, freut es mich nur, die wesentlichen Situationen schon lang gesehen zu haben.

Meine Materiologie dokumentiert ja, wie ich schon früh diese Probleme angegangen bin, die man nicht mit den billigen Alternativen von Konservativ und Progressiv, Pharisäismus und Revolution zu lösen imstande ist.

FURCHE: Dieses Eindruckes kann man sich wirklich nicht erwehren, wenn man Ihre Schriften kennt, daß Sie schon längst eine Problematik gesehen haben und zu bewältigen versuchten, die erst heute die Gemüter erregt. GÜTERSLOH: Wenn auch kein direkter Zusammenhang dieses Romans mit früheren Schriften besteht, so sind natürlich geheime, untergründige Strömungen vorhanden, aus denen ein Autor immer schöpft; die Aufgabe des Lesers oder des Kritikers ist es dann, das zu finden und zu sehen.

FURCHE: Wenn ich mir schließlich noch eine Frage, eine Bitte um einen Hinweis erlauben darf, so wäre das nach Ihrer „Schule“. Herzmanovsky - Orlando und Doderer werden immer wieder im Zusammenhang mit Ihrem Namen genannt.

GÜTERSLOH: Nun, was Herzmanovsky angeht, so muß Ich gestehen, nie auch nur einen Satz von ihm gelesen zu haben. Daß Doderer mein Freund war, daß er mich als seinen Lehrer bezeichnete, ist ja bekannt. Daß sich diese „Schule“ in Peter von Tramin und Peter Marginter fortsetzt, ist auch kein Geheimnis. Was die Literatur angeht. Von der anderen Wiener Schule, die mich heute zu ihrem Ahnherrn zählt, phantastischer Realismus, Surrealismus, soll ja hier nicht die Rede sein.

FURCHE: Nun Sie sind gleichzeitig Maler, waren Professor an der Akademie für angewandte Kunst und an der Akademie für bildende Künste, das weiß jeder, darüber ist genügend veröffentlicht worden, das heißt, was Ihre Person betrifft, eigentlich noch zuwenig. Wie ja auch viele Ihrer schriftstellerischen Werke heute vergriffen sind und sich leider kein Verleger findet, sie uns wieder zugänglich zu machen. Hoffentlich findet sich aber doch noch jemand, der das Verständnis aufbringt. Auch Hegen, wie ich sehen konnte, noch viele unveröffentlichte Schriften in Ihrer Schublade. Darf ich fragen, was wir in nächster Zeit zu erwarten haben?

GÜTERSLOH: Die ungekürzte Neuauflage meines ersten Romans „Die tanzende Törin“ ist zwar vertraglich gesichert, mit dem Piper-Verlag, doch wann wird Sie erscheinen? Auch wissen Sie aus meiner letzten Vorlesung in der Gesellschaft für Literatur, daß ich bereits an einem neuen Roman arbeite, „Achtung, scharfer Hund oder Die geldlose Landschaft“, der sehr viel Autobiographisches enthalten wird. FURCHE: Sehr verehrter Professor von Gütersloh, wir danken Ihnen für Ihr liebenswürdiges Gespräch und wünschen Ihnen aufrichtig reichen Erfolg für Ihre weiteren Arbeiten, wofür der stürmische Andrang und Beifall bei Ihrer eben genannten letzten Lesung hoffentlich ein günstiges Omen bedeutete

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