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Ein Film-Plebiszit

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Die Salzburger Filmwoche hatte im Gegensatz zu den großen internationalen Filmwettbewerben keine fachmännische Jury für die künstlerischen Wertungen. Vielmehr war es den Zuschauern selbst überlassen, auf Stimmzetteln die Filme zu beurteilen. Bedauernd muß zunächst vermerkt werden, daß russische und neue deutsche Filme nicht vertreten waren, wodurch kein umfassender Eindruck vermittelt werden konnte.

Den Auftakt bildeten die im Technicolor- verfahren hergestellten amerikanischen Filme „Blut und Sand”, „Ernte des Sturmes” und „Das Phantom der Oper”. Vom ersten Augenblick an ergötzte sich das Auge an einem Farbenrausch, der bis zum letzten Bild das ganze dramatisch Geschehen überstrahlte. Die Vorliebe des amerikanischen Publikums für tumultöse Schlägereien und Raufszenen bleibt uns jedoch fremd.

Im englischen Film „Der Gehetzte” wird durch den Aufruf an die Menschlichkeit und die starke Tendenz zur Realität ein Deckmantel der höheren Ethik über die blutigen Geschehnisse gebreitet. Trotzdem, Mord bleibt Mord! Über den französischen Film „Die Kinder des Olymp” und den Wiener Film „Das andere Leben” ist in der „Furche” bereits berichtet worden.

Mit Spannung erwartete das katholische Publikum den Papstfilm „Pastor Angel i c u s”, der während des Krieges von Luis Trenker zusammengestellt worden ist. Durch wahllose Aneinanderreihung und schlechte Aufnahmetechnik wirkten die dokumentarischen Aufnahmen aus dem Leben Eugenio Pacellis nicht eindringlich genug, um die überragende Persönlichkeit des Heiligen Vaters in voller Klarheit erscheinen zu lassen. Eindrucksvoll sind die Bilder von der Papstkrönung. Ergriffen betrachtet man die Gesichter der einfachen Menschen aus aller Welt, zu denen der Papst ohne Zeremoniell kommt, um ihnen Trost zu spenden. In manchen Bildern fühlt man die einsame Größe des großen Menschen, und es ist nur tief bedauerlich, daß der Film Einblick in das gewaltige soziale Wirken des Papstes vermissen läßt, ebenso sein Interesse für die Fragen des Alltags, für die Künste und Wissenschaften. Kümmerlich sind die Aufnahmen zu nennen, die von dem einmaligen Reichtum an Kunstwerken im Vatikan berichten. Hier hätte das Auge der Kamera schwelgen können, aber weder die Werke Michelangelos, die Skulpturen, noch die Pracht der vatikanischen Räume waren zu sehen. So hat die Abstimmung des Publikums diesen Film an letzte Stelle gerückt, eine tief bedauerliche Tatsache, die aber auch ein Mahnruf sein müßte, daß Filme wie dieser nur unter höchster künstlerischer Verantwortung geschaffen werden dürften.

Einen wertvollen Aktivposten der Filmwoche stellten die österreichischen Kulturfilme dar. „Eine Stadt hilft sich selbst” zeigt die Leistungen, die eine schwer bombenbeschädigte Landeshauptstadt trotz größten Schwierigkeiten durch den Willen und die Arbeitsfreudigkeit seiner Bewohner vollbracht hat. Ein Kunstwerk eigener Prägung war der Film „Anna Paw- 1 o w a”, der die Entstehung der berühmten Puppe des Salzburger Marionettentheaters zeigt. In Bildgestaltung hervorragend ist „D as Salz der Erd e”, ein Film, der uns neben der Salzgewinnung die reihen prähistorischen Funde von Hallstatt vorführt.

Nah Abschluß der Filmwoche wurde das Ergebnis der Publikumsabstimmung bekannt, das auf Grund eines komplizierten und shwerverständlihen Systems errechnet wurde. In Prozenten nah den abgegebenen Stimmen lag „Das Phantom der Oper” (amerikanisch) an erster Stelle, nah der Zählung der positiven Gutstimmen „Der Gehetzte” (englisch). Erfreulich ist, daß der österreichische Problemfilm „Das andere Leben” nah der ersten Zählform an zweiter, nah der zweiten Rechnung an vierter Stelle unter den sieben Spielfilmen rangierte — ein Beweis, daß auh anspruchsvolle Stoffe in rihtiger Form den Weg ins Publikum finden.

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