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Paula Fox' erster Roman "Pech für George" hat nichts von seiner Brisanz verloren.

Der Roman "Poor George" von Paula Fox erschien in den USA zum erstenmal 1967; 2001 wurde er wieder aufgelegt und jetzt ins Deutsche übersetzt. Für die Wiederbelebung gibt es zwei Gründe: Die 1923 geborene New Yorkerin ist inzwischen zu einer international angesehenen Autorin aufgestiegen und ihr Erstling hat keinen Staub angesetzt. Im Gegenteil.

Sinnkrisen zuhauf

Was Paula Fox vor bald 40 Jahren als amerikanische Krankheit diagnostizierte, hat längst auch auf Europa übergegriffen: Ehe-Trostlosigkeit bei Menschen, denen das Zusammenkommen allzu leicht gemacht wird; Sinnkrise von Jugendlichen; Arbeitsleid durch mangelnde Motivation; selbsterzeugtes Durcheinander von Alleinerziehern; Flucht aufs Land, um dem öden Stadtleben zu entkommen; Alkoholmissbrauch. Kurz: Paula Fox fasste damals hinein nicht ins volle, sondern ins fade Menschenleben, dem nur kleine und mittlere Katastrophen Glanz-, nein, Irrlichter aufsetzen.

Der Lehrer George Mecklin merkt, wie alles um ihn herum bröckelt. In seiner Ehe entdeckt er, dass hinter der Gleichgültigkeit seiner Frau die Leere gähnt und nicht das Bedürfnis, sich aus Verletzlichkeit zu schützen. Seine Schwester hat ihr Leben durch eine unüberlegte Partnerwahl verpfuscht. Der Kommentar zu seinem Beruf: "An einem Ort wie diesem zu unterrichten macht einen irgendwie schlapp." Die New Yorker Gegend, in der das Schulgebäude steht, ist heruntergekommen, die Kollegen sind verbiestert, die Schüler träge und selbstzufrieden. Die Nachbarn auf dem Land, das der trostlose Held jeden Abend nach langer Fahrt erreicht, verdecken ihr inhaltloses Dasein mit Partys und Partnertausch. Doch plötzlich sieht George eine Aufgabe vor sich. Ein Jugendlicher ist in sein Haus eingebrochen. Statt die Polizei zu verständigen, nimmt er sich des Jungen an, liest mit ihm, versucht, ihn in der Schule weiterzubringen. Die Unzufriedenheit weicht, die Kluft zwischen Erwartung und Wirklichkeit scheint sich zu schließen. Doch hat er nicht mit der Kleinlichkeit seiner Frau gerechnet. Sie empfindet die Zuwendung ihres Mannes zu dem Jungen als Niederlage und rächt sich, indem sie mit dem Jugendlichen schläft: "Wenn man mit ihnen zusammenlebt, sind alle Menschen Wilde." George erkennt: Er ist mit einer Frau verheiratet, die jede eigene Niederlage geistig schon vorwegnimmt und ihn herabzieht: "Kannte er irgend jemanden, den das langsame Einsickern der Unzufriedenheit nicht plagte? Es lag in der Luft, die man atmete, diese Unterströmung von Reizbarkeit, von Groll. Mir wird allmählich klar, dass die Fähigkeit, an etwas interessiert zu sein, ein Luxus ist. Sie wird weitergegeben - wie Besitz."

Im Mittelpunkt Besitz

Paula Fox legt die Malaise der Zivilisation frei: Wo Ansehen und Macht von materiellem Besitz abhängen, ist es schwer, ein Mensch mit offenen Sinnen, mit Neugier aufs Leben zu bleiben. Ihr "Held" beschließt, von jetzt an würde er genau das tun, was er wollte. Da streift ihn der Tod, ganz wörtlich durch einen Schuss eines Hausbesitzers, auf dessen Grund George streunte. "Was in ihm geboren worden war, war das Wissen um den eigenen Tod. Es kam ihm nun so vor, als seien alle seine Beziehungen unbedeutend gewesen, als seien sie allein durch die Gewohnheit am Leben erhalten worden."

Ein trauriges Buch. Ein Spiegel. Eine Warnung, geschrieben mit Humor.

Pech für George

Roman von Paula Fox. Aus dem Englischen übersetzt von Susanne Röckel

C. H. Beck Verlag, München, 2004

254 Seiten, geb., e 20,50

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