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Hans Kloepfer, der Mundartdichter

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Joahrlauf. Gesammelte Gedicht in steirischer Mundart. 3. Auflage. Graz, Alpenbuchhandlung Südmark. 270 Seiten. Preis 45 S.

„Wia hell und wia woartn, end w’ia still und wia oarm — und do wia wunderli fein, so a Joahr net kann sein!"

Das und noch viel anderes aus dem Volksleben hat Hans Kloepfer, der vor zehn Jahren verstorbene weststeirische Dichter und Arzt, in solcher Meisterhaftigkeit in seinen Mundartgedichten zu schildern verstanden, daß ihn Fachleute ersten Fanges zu den wenigen ganz großen Mundartdichtern im deutschen Sprachgebiet zählen. Mit Recht hat ihm die Weimarer Goethe-Stiftung den Mozart- Preis und die Grazer Universität das nur sehr sparsam verliehene philosophische Ehrendoktorat zuerkannt.

Kloepfer hatte vor vielen arideren voraus, daß er niemals hochdeutsch oder intellektuell gefaßte Gedanken einfach in die Mundart übersetzt, soridern daß er selber buchstäblich in der Mundart der weststeirischen Bergbauern zu denken vermocht hat. Nicht e i n Wort und nicht e i n Satzgefüge findet sich bei ihm. das nicht genau so, wie es hier steht, ein Bergbauer, Almhalter, Jager oder Knecht oder auch ein Arbeiterkind gedacht und ausgesprochen haben könnte. Diese außerordentlich seltene Einfühlung war sowohl eine Frucht seiner hohen Dichterbegnädung wie auch eine seines vierzigjährigen, über alles geliebten Wirkens als Bauern- urfd Arbeiterarzt. Viel tausendmal hat er sein Ohr in scheuer Liebe und brennender Sorge auf die Herzen seiner Kranken und Sterbenden gelegt und dabei nicht nur die Art des Leidens, sondern auch in seiner ganzen Tiefe „den Herzschlag des Volkes" erlauscht und in seine Seele aufgenommen. Ein Volkskundiger und ein Dichter von überragender Bedeutung!

Wir w’ollen hier nicht auf die hundertundelf Gedichte, die ja inhaltlich auch nicht gleichwertig sein können, näher eingehen. Aber ohne jede L’ebertreibung darf man sagen, daß nicht wenige von ihnen, z. B. „Nikolo", „Just auf da Schneid", „Joahrtag 1917", „Da Ruß" 1918, „Der Hons- bauer", „Bal i’n Stadl deckt hon", „Ban Müllgong", „Schotter", „Ohne Beruf", „Auf der Sfroßn", „Der Oswaldgraben" u. a. schon heule zu unsterblichen Schätzen der Volksdichtung geworden sind und es bleiben werden. Lind „Das Ehrenkränzlein", das 8er Dichter ohne Spur von Sentimentalität dem Lebenslauf der „Deanstleut" geflochten hat, gehört nicht nur dichterisch, sondern auch „soziologisch" zum Tiefsten und zum Ergreifendsten, was je über diese unbeachtete Art ‘‘besten Menschentumes ausgesagt worden ist.

Und noch eines: Lesen und verstehen kann und soll diese Dichtungen jeder, zumal dem Buch auch ein kleines Wörterverzeichnis angehängt ist. Aber vor lesen sollen sie nur die wenigen, die es wirklich können; denn die Mundart verlangt strengste Beherrschung ihrer Gesetze, ihrer Lautung, ihrer Musik, ihrer Seele .,.

F.s ist sehr erfreulich und aufrichtig zu begrüßen, daß dieses Meisterwerk eine auf gutem Papier und in klarer Fraktur gedruckte, mit einem hübschen Umschlagbild von Martha Elisabeth Los sei geschmückte dritte Auflage erlebte. Freilich dürfte das Buch in keiner Familie fehlen, weil es das Vermächtnis eines Großen enthält, auf das keineswegs nur die Steiermark, sondern ganz

Oesterreich und darüber hinau Deutschland und die Schweiz stolz sein sollten.

Finzelinteressen und Raumordnung fünf Jahre Landesplanung in Kärnten 194852. Von Doktor Rudolf W u r z e r. Verlag Ferdinand Kleinmayr, Klagenfurt 168 Seiten, 49 Abbildungen.

Endlich wieder eine österreichische Publikation zur Landesplanung! In knapper, jedoch gut fundierter Sthilderung werden in zehn Kapiteln die wichtigsten der mit Raumforschung und Landesplanung in Zusammenhang stehenden theoretischen und praktischen Probleme erläutert. Ausgehend von der Entwicklung und der gegenwärtigen Organisation der, Landesplanung in Kärnten mit ihren mangelhaften gesetzlichen Grundlagen, skizziert der Verfasser fachlich exakt die gegenwärtigen Möglichkeiten und entwirft mit Weitblick Verbesserungsvorschläge. Dann wird auf die psychologischen, verwaltungstechnischen und wirtschaftlichen Hindernisse eingegangen und es werden Wege zu deren Ueberwindung aufgezeigt.

Das Kernstück der Publikation bilden aber die bereits durchgeführten und die noch in Bearbeitung stehenden Landesplanungsaufgaben in Kärnten. Im Jahre 1948 wurde zunächst mit Ortsplanungen in den sogenannten „Wohnsiedlungsgemeinden" begonnen. Daran schloß sich die Regionalplanung ‘Wörther See und schließlich 1952 die erste Planung für einen politischen Bezirk Wolfsberg. Mit dieser schrittweisen Ausdehnung der Planungsmaßnahmen ging Hand in Hand die Heranbildung geeigneter Mitarbeiter. Dieser Frage ist ein eigenes Kapitel gewidmet.

An den Bericht über die praktischen Arbeiten knüpfen sinnvoll Betrachtungen über die Auswirkungen der Landesplanung bzw. den geringen! Einfluß der Landesplanungsorganisationen in Oesterreich. Im Anschluß daran wird auch auf die Bedeutung der Aufklärung der Bevölkerung über Planungen eingegangen. In diesem Zusammenhang weist der Verfasser vor allem darauf hilf, daß Landesplanung keine Wirtschaftsplanung darstellt und weiter auf die Notwendigkeit der Planung zum Schutze des Gemeinwohles.

Werden in dieser Schrift auch nur Anfangsergebnisse der Raumordnung für alle Boden beanspruchenden Faktoren dargestellt — denn eine umfassende Landesplanung gibt es auch in Kärnten noch nicht, genau so wenig wie in den anderen Bundesländern —, so erhellt doch aus den angeführten Beispielen die lebenswichtige Bedeutung einer solchen für Gemeinde, Land und Staat. Ein Vergleich mit den bekannt gewordenen niederösterreichischen Regionalplanungen zeigt, trotz einzelner methodischer Verschiedenheiten, im Grundsätzlichen Uebereinstimmung.

Da es nicht nur in fortschrittlichen Ländern, wie England, Holland oder Westdeutschland, staatliche und private Landesplanung gibt, sondern heute auch schon in Mexiko, Neuseeland, Kuba usw., bedeutet die vorliegende Schrift eine ernste Mahnung, auch in Oesterreich die Landesplanung rasch und sorgfältig auszubauen.

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