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IM STREIFLICHT

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DIE Wiener Theater, heißt es in einem Auf- 6atz der Londoner .Times’ vom 15. April 1952, hätten seit Kriegsende einen schweren Kampf auszufechten und die große Liebe der Wiener für ihr Theater zeige, daß sich die Lage jetzt 6chon sehr gebessert habe. Die Besucherzahl der Privattheater weise 1951 eine Steigerung von 17 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr auf und auch für die Staatstheater zeige das Publikum mehr Interesse, was unstreitbar auf Kosten der Kinos gehe, die nicht mehr so stark frequentiert 6eien. Österreich sei 6o lange von der Literatur der restlichen Welt abgeschlossen gewesen, daß es, als sich die Möglichkeit bot, mit Begeisterung die Wiedergabe englischer und amerikanischer Stücke aufgenommen habe. Wahrscheinlich habe Wien auf Grund dieses Enthusiasmus und auch aus geschäftlichen Überlegungen heraus auf 6eine eigenen Dichtung völlig vergessen und widme auch der Entdeckung neuer Talente keine Aufmerksamkeit. Der Mangel an österreichischen Stücken auf den Wiener Bühnen 6ei bedauernswert. — Vielleicht hört man in den Wienei Theaterkanzleien’ jetzt aus London lieber, was die hiesige Kritik schon jahrelang predigt. Doch lassen wir den .Times“ gerne das Verdienst — wenn sie nur Erfolg hat!

MAN sollte es nicht für möglich halten: die berüchtigte „Musikolympiade“ ist nicht tot, sondern nur scheintot! Aus Pasadena im schönen Kalifornien kommt die Nachricht, daß die für dieses Jahr geplante Musikolympiade — nun doch stattfindet? Nein, sondern auf 1953 verschoben wurde! Verschiedene Gerüchte wollen übrigens wissen, daß auch kapitalkräftige Kreise Argentiniens an diesem Projekt interessiert seien. Mag sein, daß uns also die nächste Nachricht von einer Verschiebung der Musikolympiade aus Buenos Aires erreicht…

ZU semen Lebzeiten mag er nicht viel zu versteuern gehabt haben, zumindest nicht an Autorenhonorar. Jetzt aber, achtundzwanzig Jahre nach dem Tod des Dichters und nach der Kafka-Renaissance, ist es so weit: Der Pariser Verlag „Gallimard“ erhielt kürzlich ein Schreiben des Bezirkssteueramte6 .zu Händen von Mr. Franz Kafka“, in dem dieser aufgefordert wird, dem Amt über seine literarische Tätigkeit sowie über die Höhe seiner Tantiemen Bericht zu erstatten. Ein Formular zur Berechnung der Einkommensteuer lag bei, desgleichen die Aufforderung, die Erklärung binnen acht Tagen einzusenden. Andernfalls die Behörde sich gezwungen sähe, gegen Monsieur Kafka einen Prozeß anzustrengen. Womit, gleichsam in einer Schleife, die Finanzbehörde in die Kafkasche Sphäre zurückkehrt.

GESCHRIEBEN von einem erdverbunde- nen, mit dem Ur verwurzelten Menschen. Das Wesentliche, Revolutionierende dieser Musik ruht in ihrer dunklen, erdfarbenen Tönung, in ihrer unendlichen Beschwertheit. Diese Musik ist Ausdruck des herben, rauhen, in der Erde verwurzelten russischen Bauern .. . Das steht nicht etwa in dem Buch „Rasse und Seele“ von Clauß, sondern in dem Programmheft eines Rot-Welß-Rot-Kon- zerts unter Igor Markewitsch. Dieser Kommentar ist in der Tat „außerordentlich, sowohl des Inhalts als seiner musikalkhen Anlage nach“, wie an einer anderen Stelle zu lesen ist. Nein, das hat Strawinsky mit seinem „Sacre du printemps“, dem mit Recht „klare Formung“ nachgerühmt wird, nicht verdient. Und auch nicht der bildungsbeflissene Konzertbesucher. Selbst wenn man ihm das Programm gratis in die Hand drückt!

SECHS zeitgenössische Opernwerke wurden J von den Städtischen Bühnen Nürnberg in einer „Woche der Gegenwartsoper“ Anfang Mai aufgeführt. Da es sich keine Bühne leisten kann, Opern für eine einzige Festaufführung einzustudieren, kann man wohl annehmen, daß sich die folgenden Werke auch im Repertoire bewährt haben: „Der Mond“, „Die Kluge“ und „Die Bernauerin“ von Orff, Werner . Egks „Peer Gynt“, Hindemiths „Mathis der Maler“ und „Die Schlaufe Susanne“ von Lehner. — Elf Vorhänge nach dem letzten Bild bei der Aufführung des „W o z z e c k“ im Thėatre des Champs-Elysees im Rahmen der Festwochen „Meisterwerke des XX. Jahrhunderts“ und dreizehn am zweiten Abend… Das ist natürlich auch ein Triumph der Wiener Staatsoper, aber auch ein Siegeszeichen für ein modernes Opemwerk, das angeblich niemand hören wall.

IN dem „Streiflicht“ über die Pariser Premiere von Hochwälders „Heiligem Experiment“ mußte es richtig heißen: „Im Athenėe- Theater Louis Jouvets wurde das Drama…“ (und nicht „Im Athenėe-Theater wurde unter der Leitung Louis Jouvets“, da sonst für die- jenigen, die vom Tode des großen französischen Regisseurs und Schauspielers noch nicht gelesen haben, der Eindruck entstehen könnte, als habe Jouvet persönlich das Stück von Hochwälder inszeniert.)

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