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Im Zeichen Shakespeares

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Von Aranjuez nach Venedig führt diesmal der Weg der Friesacher Burghofspieler, die sich unter Architekt Hannes Sandlers Führung heuer Schiller und Shakespeare verschrieben und in rühmenswerter Inszenierung „Don Carlos” und dem „Kaufmann von Venedig” Reverenz erwiesen haben, verbunden mit einer Leistung, die beweist, daß man sich im 15. Jahr des Bestehens von den Anfängen weit entfernt hat. Was diese Gemeinschaft, deren Idealismus einmalig, deren Können übers Dilettantische hinausgewachsen ist, zu geben hat, ist eine Kulturtat, aller Förderung wert, die leider nicht das Maß erreicht, das die Friesacher verdienen würden.

Sandler hat gewählt, eingerichtet, inszeniert, die Bühne gebaut und seine Schar in monatelanger Arbeit auf einer künstlerisch erstaunlich hohen Ebene angesiedelt. Er hat sich Philipps Spanien geschaffen, das er im von Norbert Art- ners Bühnenmusik durchklungenen Dunkel ebenso zu wandeln vermag, wie er das Venedig eines üblen Handels in ein poesievolles Belmont zu verkehren weiß; einige wenige kluge Änderungen und schon ist’s geschehen. So sind denn auch beide Aufführungen, von kleineren Unzulänglichkeiten der Besetzung abgesehen, wohlgeraten und des Beifalls sicher, den eine von Jahr zu Jahr sich mehrende steirisch-kärntnerische Gemeinde begeistert zu spenden weiß.

Wenden wir uns „Don Carlos” zu, dem Wetter und Prominenz hold waren, die vom Landeshauptmann abwärts zur Eröffnung gekommen waren. Hier muß Sandlers Philipp gedacht werden, in dem sich Majestät, gekränkte Würde und schwer angeschlagenes Menschentum zur gültigen Gestalt verbanden. In Josef Schuhmeyer war ihm ein Sohn gegeben, der in Sprache und Geste, Ausdruck und Szenenbeherrschung auf jeder mittleren Berufsbühne hätte bestehen können, was auch vom Posa Robert Mößlachers gilt, der mit schillerischem Feuer die Rolle erfüllte und in der Szene mit Philipp über sich hinauswuchs. Mit ihrer Jugend hatte die Elisabeth Ingrid Trägers zu kämpfen, mit der ihr weniger genehmen Eboli das Gretchen des Vorjahrs, Burgi Kiaura. Ein Alba von Format war Heinz Käppi, ein maßvoller Domingo Karl Beuesch. Stark der Gesaihtėindručk einer bis ins kleinste ausgefeilten Aufführung, die sich sehen lassen kann.

Dem „Kaufmann von Venedig” machte das Wetter Regenstriche durch die abgebrochene Premiere und die total ertrunkene erste Wiederholung. Erst beim dritten Male gab es den Erfolg: eine kluge Inszenierung, die diesem seltsamen Lustspiel seine tief-tragischen Akzente beließ und ihm doch auch die Lichter der Heiterkeit entzündete, kam glänzend an. Lebendigkeit der gut geführten Statisterie, eine gute Besetzung aller wesentlichen Rollen, Tempo und der das Publikum zu tiefem Schweigen verurteilende Höhepunkt der Gerichtsszene zeigten, welche Möglichkeiten das Stück auch einer Laiengemeinschaft zu bieten hat. Hannes Sandler war ein Shylock, dessen Handel und Handeln man verstehen konnte: groß im Haß, begreiflich in der Anklage, erschütternd im Zusammenbruch. Im Antonio Karl Benesch hatte er einen gemessenen, ruhigen Gegenspieler, dem der treffliche Bassanio Josef Schuhmeyers und der temperamentvolle Graziano Valentin Pagitz sekundierten. Eine in Sprache und Spiel gute Porzia war in Burgi Kiaura gegeben, eine begabte Ne- rissa fand sich in Irene Schuhmeyer. Guter Nachwuchs — Heinz Neunteufel jun. als Lorenzo. Als Jessica sah man Roswitha Dörfler. Für die Lustigkeit sorgte der drollige Marokko Heinz Neunteufels sen. (auch als greiser Doge und Sprecher einer abschließenden Shakespeare-Huldigung verdienstvoll), mit Szenenapplaus bedacht der Aragon Arnold Putz, der die Figur prächtig ins Lächerliche spielte. Brav der alte Gobbo Raimund Herrnsteins, in Erfassung seines Textes, in der Zeichnung der Rolle höchsten Lobes wert der aus dem Alba in den Lanzelot Gobbo übersiedelte Heinz Käppi, der den wertvollsten Mitgliedern des Ensembles zuzuzählen ist. Das Publikum unterhielt sich und bestätigte durch seinen Beifall, daß man in Friesach Shakespeare in seinem Ehrenjahr zu ehren wußte. Wer also in jene Gegend kommt, wo der Petersberg aufragt, und in ehrwürdigem Gemäuer Theater gespielt wird, der halte an — hier findet er etwas, das in Österreich einmalig ist.

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