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Im Zentrum: die Bibel

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Die Sommermonate bringen für kirchliche Kreise eine große Anzahl von Ferien- und Bildungswochen, die begreiflicherweise im allgemeinen auf die Fundierung und Programmgebung der praktischen Arbeit ausgerichtet sind. Anderer Art war die Bibeltheologische Werkwoche, die vom Regens des Grazer Priesterseminars, Prälat Schneiber, im Spätsommer auf Schloß Seggau bei Leibnitz veranstaltet wurde.

Sie sollte einzig und allein dem Studium und Hören des Gotteswortes gelten, und das um des göttlichen Wortes selbst willen. Darum stand die Gestaltung und der Verlauf der Tagung, die vom Assistenten Albert Höfer geleitet wurde, unter dem Gesetz des Studiums. Das wissenschaftliche Niveau der Woche war dem Referenten, Professor Dr. Heinrich Schlier aus Bonn, zu verdanken. Der Referent, einer der prominentesten Neutestamentler der Gegenwart, sprach bereits öfter in Innsbruck und bei den Salzburger Hochschulwochen; es war aber besonders erfreulich, daß er diesmal die Gestaltung einer ganzen Woche übernommen hatte.

Schlier erörterte in vier großen Referaten Fragen aus dem Johannesevangelium.

1. „Welt und Mensch nach Johannes”: Die Welt ist der Raum des Menschen. In ihn hinein wird er geboren, in ihm verweilt er und aus ihm scheidet er in den Tod. Die Welt ist aber noch mehr, sie ist die Macht, die vom Menschen Besitz ergreifen will. Sie kann über ihn aber nicht absolut verfügen, denn einerseits ist sie selbst nur geschaffen, anderseits kommt sie erst im Menschen zur Sprache und so zu sich selbst. Sie zieht aber den Menschen an, indem sie c;ne Eigenmächtigkeit vortäuscht, so die Wirklichkeit verbirgt und verhängt, um den Menschen zu fangen. Diese Lüge zeigt sich im Wegsehen von der Wirklichkeit, des Lichtes, die sich .in, der Schöpfung gezeigt • hat und . in Jesus, dem fleischgewordenen Worte, neu erscheint, im Vortäuschen eines Selbst-sein-Könnens. Diese Finsternis zeigt sich aber auch in der Sünde, also in der Bindung an sich selbst, vor allem aber im T o d, in dem ihre scheinbare Eigenmächtigkeit völlig zusammenbricht. Die Menschen ahnen diese Wahrheit, sie suchen sie; sie laufen aber Gefahr, nur nach dem Fleische, also nach dem Augenschein zu urteilen. Erst wenn sie ihr Verlangen an Jesus, dem Lichte und der Wahrheit, korrigieren, wird in ihnen die gelichtete Wahrheit zur Sprache kommen.

2. „Der Offenbarer und sein Werk”: Geschichte vollzieht sich im Versuch der Welt, das Leben, das ihr in der Schöpfung gegeben wurde, zu bestreiten. Dieses Leben tritt nun im konkreten Menschen Jesus in die Welt. In ihm spricht der Vater sein geschichtliches Wort in die geschichtliche Welt. Seine Worte und Taten sind Zeichen für eine höhere Wirklichkeit: für die Doxa, die machtvolle Herrlichkeit des Vaters, ln der Hingabe des Lebens Jesu vollendet sich sein Auftrag: der Untergang des Lebensträgers wird zum Aufgang des Lebens für die Welt. Den Glaubenden wird dieses Leben zugänglich durch den Heiligen Geist im Wort und Zeichen der Kirche.

3. „Der Begriff des Geistes nach Johannes”: Der Vater sandte Jesus als Heiler und Tröster in die Welt. Der Sohn aber erbittet vom Vater den Geist als den zweiten Tröster. Im Geiste begreifen die Menschen Jesus und die Wahrheit, auf die dessen Worte und Taten hinzeigen. Die Wahrheit geht aber nur dem Glaubenden auf, d. h. dem, der den Schein der Eigenmächtigkeit der Welt bereits als trügerisch erkannt hat.

4. „Glauben, Erkennen und Lieben nach dem Johannesevangelium”: Der Glaube ist wesensmäßig Antwort auf das Wort Gottes, ein sich sammelndes Hinhören, aber ein unterscheidendes Hören. (Die Schafe hören die Stimme des Hirten, aber nicht die der Diebe und Räuber.) Der Glaubende sieht aber auch: Er läßt sich von Jesu Taten auf das hinweisen, was sie verhüllend enthüllen: des Vaters und Jesu Mächtigkeit, von der er sich ansprechen läßt. Er läßt sich auf sie ein, wird von ihr bestimmt und bleibt bestimmt. Dabei erkennt er, daß Jesu

Herrschaft sich uns als Lebensbereich auftut und daß die Entscheidung für diesen einen absoluten Schritt vom Tod in das Leben darstellt.

Gleichzeitig mit dem Glauben vollzieht sich aber die Liebe, als Liebe der Jünger zu Gott und untereinander. In ihr zeigt sich der Mensch, der den

Todesbereich bereits verlassen hat, in vollstem Leben. Man darf aber Glaube und Liebe gleichsetzen: der Glaube erscheint eben als der entschiedene Gehorsam der vertrauenden und liebenden Erkenntnis, als der Gehorsam, der sich auf den Zug Jesu einläßt zu übernehmen; wir haben jedoch das Glück, den Restaurator des 19 Meter hohen Altars, der aus Lindenholz geschnitzt ist, in einem Nebenraum der Kirche anzutreffen, wo er gerade mit der Überholung eines der sechs Seitenaltäre, nämlich des Fronleichnamsaltars, beschäftigt ist und gerne selbst die Führung übernimmt. Da es leider keine Ansichtskarten mit dem Bild des Altars von Levoča im Handel gibt, ersuchen wir den Restaurator, photographieren zu dürfen.

Von diesem Altar haben wir schon

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