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Landschaften eines Dichters

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Zu den Büchern von Henry Benrath: „Im Schatten von Notre-Dame“ (115 Seiten), „Traum der Landschaft“ (182 Seiten) und „Geschichten vom Mittelmeer“ (196 Seiten), Verlage Albert Nauck,Scientia, Gallus, 1952

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Zu den Büchern von Henry Benrath: „Im Schatten von Notre-Dame“ (115 Seiten), „Traum der Landschaft“ (182 Seiten) und „Geschichten vom Mittelmeer“ (196 Seiten), Verlage Albert Nauck,Scientia, Gallus, 1952

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Man muß es dankbar begrüßen, daß einige Prosadichtungen Benraths, die bisher schwer erreichbar waren, nun in Buchausgaben erschienen sind. Ist doch seine hohe sprachliche Meisterschaft in einer Zeit der weitgehenden Vernachlässigung der Form besonders bewundernswert. Drei Kulturräume werden hier beschworen, die für Benrath von entscheidender Bedeutung wurden: seine Heimat Deutschland, Paris und die Welt des Mittelmeeres, die er in seiner „Südlichen Reise“ so großartig dargestellt hat.

Von den drei in dem Band „Im Schatten von Notre-Dame“ vereinigten Dichtungen erschienen „Pariser Elegie“ und „Requiem“ seinerzeit als Sonderdrucke. Sie sind dem Andenken des jung verstorbenen Freundes, des Schweizer Malers Andreas Walser, gewidmet. Im Zeichen dieser Freundschaft stand das gemeinsame Erleben der Stadt Paris. Der Dichter redet den Dahingegangenen an, erinnert ihn gleichsam an die Pariser Eindrücke und läßt so in unvergleichlichen Bildern das Wesen, die Seele dieser einzigartigen Stadt aufleuchten. Er weiß, daß das Wunder Paris „nur von seiner Mitte, niemals von seinem Umkreis her erlebt werden kann“. Das Sein von Paris ist ihm ein apollinisches. Die oberflächlichen und klischeehaften Urteile der Unberufenen können den, der dies erkannt hat, nicht mehr stören. — Das „Requiem“ gestaltet die Begegnung zwischen dem Dichter und dem Maler, das Erlebnis der tiefen inneren Wechselwirkung zweier schöpferischer Menschen in der zauberhaften Atmosphäre von Paris, zugleich eine einfühlende Deutung des Wesens des jungen Künstlers, geschrieben von einem, der dem gleichen göttlichen Auftrag diente — wohl eines der schönsten dichterischen Denkmäler, die jemals einer Freundschaft gesetzt wurden. In der aus dem französisch verfaßten Original übertragenen, psychologisch subtilen Erzählung aus dem Nachlaß „Sterbende Freude“ werden in Briefform Geschehnisse innerhalb eines Freundeskreises kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges geschildert. Schauplatz ist wieder vor allem Paris. Die mystische Weisheit der fernöstlichen Welt vereinigt sich hier mit europäischer Geisteshaltung und weltmännischer Kultur.

Daß Benrath in hohem Maße begnadet war, die vielfältige und unausdeutbare Schönheit der Welt zu erleben und in dichterischem Wert zu gestalten, bezeugt sein gesamtes Werk und ganz besonders der Band „Traum der Landschaf t“, der faszinierende Schilderungen von Landschaften und Städten Deutschlands und der Schweiz enthält. Jede davon ist, wie es einmal heißt, „der Anruf eines Innersten, das auf ein Innerstes zielt“. „Es war ein Getragenwerden von immer neuen, immer sich gegenseitig auslösenden Schönheiten, es war ein entzückendes Besiegtwerden von Dingen und ein Sichnehmenlassen, in dem das stumme Bewußtsein ungewollt geborener Liebe lag.“ Diese Worte kennzeichnen das Erleben des Dichters, seine Hingabe an die Geschenke der Schönheit. Bilder der Erinnerung und gegenwärtige Wirklichkeit verschmelzen zum erfüllten Augenblick. Hier entfaltet sich Benraths Sprachkunst in ihrem erstaunlichen Reichtum in der Wiedergabe feinster Stimmen und Farbeneindrücke. Der Stil ist bis ins letzte geformt und von adeliger Klarheit. Dichtungen wie „Graublaue Fahrt“, „Die Seele Lothringens“ und „Carmen Helveticum“ schenken uns tiefstes Erleben der Landschaften.

In den „Geschichten vom Mittelmeer“ finden wir Erzählungen Benraths von hohem künstlerischem Rang, die bereits früher erschienen sind. Die „Märchen unter Palmen“ („Das Märchen von Jussuf und Abdullah“ und „Die Geschichte des Prinzen Alexius“) spielen in Tunis und in Palermo. Die längeren Erzählungen „Pa-troklos“ und „Jonathan“, deren Stoffe dem griechischen Mythos und dem Alten Testament entnommen sind, vergegenwärtigen uns in vollendeter Sprache schicksalhafte Ereignisse im Leben der berühmten Freundespaare Achilleus und Patroklos, Jonathan und David. Diese Dichtungen Benraths lassen uns klar seine Eigenart erkennen: seinen hellenischen Formwillen, sein aristokratisches Ethos und seine Liebe zum höhergearteten Menschen. Dr. Theo Trümmer

von selbst entwickeln und daß man sich um ihre Entwicklung keine Sorgen machen müsse. Aufgabe der Organisationen zur Förderung wissenschaftlicher Forschung sei es, die große Armee der wissenschaftlichen „Soldaten“ zu vermehren. Die „Feldmarschälle“, die sie führen, entstehen von selbst und verdanken ihre Begabung genetischen Elementen, auf die man keinen Einfluß nehmen könne.

Ein anderer wesentlicher Punkt war die Aussprache über die Erziehung zu schöpferischer Arbeit. Sie erfolge am besten unter Leitung oder in geistigem Kontakt mit einem hervorragenden Wissenschaftler. Hier stellt sich freilich sofort die Frage, wieviel „Schüler“ einem solchen Mann zugeteilt werden können, ohne daß dessen eigene Arbeit beeinträchtigt wird und die Schüler zu kurz kommen.

Das Problem wissenschaftlicher Publikationen ist in allen Ländern akut, vor allem was die Geisteswissenschaften und mehr abstrakte Fachgebiete betrifft. Die Skandinavier schlugen einen Zusammenschluß mit den kleineren Ländern Europas zu gemeinsamer Publikation und Lastenverteilung vor. Mit Holland wurde die Heraus gäbe einer gemeinsamen mathematischen Zeitschrift vereinbart, und man kann annehmen, daß auf diesem Wege manche Einsparung erreicht und einzelnen Arbeiten der Weg in die Oeffentlichkeit geebnet werden kann. • •

Natürlich ist die Subventionierung der wissenschaftlichen Forschung auch — aber nicht nur! — eine Frage der zur Verfügung stehenden Mittel. Die Gründung eines „Oesterrei chischen Nationaifonds“ wurde vor etwa einem Jahr durch die Akademie der Wissenschaften und den Notring vorgeschlagen. Möge das Beispiel der Schweiz zur Verwirklichung dieses Projektes, d: h. zu seiner finanziellen Unterstützung anregen.

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