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Literatur aus Österreich

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Auf Wolfsegg. Roman. Von Fanny W i b-m e r - P e d i t. Eduard-Kaiser-Verlag, Klagenfurt. — Der Hochwalder. Roman. Von derselben Verfasserin. Ebenda.

Fanny Wibmer-Pedit setzt mit diesen beiden Romanen den vorausgegangenen Roman „Die Dirnburg“ fort (siehe „Furche“ vom 4. April 1950). Sie faßt nunmehr diese drei Osttiroler Heimatromane, deren zeitlichen Bogen sie aus dem 14. Jahrhundert herüber bis in die Gegenwart spannt (wobei sie allerdings drei Jahrhunderte nur kursorisch einbezieht), zusammen unter dem Ubertitel „Bauerntrilogie“. Wir können also jetzt den Bauplan des gesamten Werkes einsehen. Es ist ein Geschlechterroman; zweier Geschlechter, hervorgegangen aus einer Wurzel: dem zwiespältigen und ungebärdigen, ritterbürti-gen „Dirnburger“, der einen Sohn aus seiner zwar heimlichen, aber richtigen Ehe mit einer Bauerntochter hat, und einen anderen aus wilder Ehe, der „Wolfsegg“ begründet. Die Brüder unterscheiden sich ungefähr wie Abel und Kain; und der Hof der „Edenschweiger“ von dem der„Wolfsegger“ wie etwa Hermann Stehrs „Heiligenhof“ vom verfluchten „Brind-eisenerhof“, also wie Tag und Nacht. Ein solcher Bauplan, eine solche Gegenüberstellung birgt in sich die große Gefahr, die eine Seite ins Diabolische, die andere zu sehr in6 Seraphische zu steigern. Dieser Gefahr ist die Wibmer-Pedit nicht ganz entgangen. Namentlich nicht im ersten Drittel des „Hochwälder“, wo ihr Siegmund, der Held des dritten Romans, in seinen Jünglingsjahren zu engelhaft geriet. Er freilich Ist es, der dann vom „Krunebirthof“, einem Zweighof der Edenschweiger, her in unseren Tagen das verfallende, verrufene „Wolfsegg“ al6 „Hochwälder“ wieder hochbringt und entsühnt. Und noch ein anderes macht diese „Bauerntrilogie“ der Wibmer-Pedit offenbar. Die Dichterin, eine Meisterin des historischen Romans, die als solche nur wenige Erzählerinnen ihres Ranges zur Seite hat, wird, wo 6ie sich dem Zeitroman zuwendet, etwas unsicher. Ist dort alles Leben voll Kraft und Saft, voller bunter, leuchtender Farben, so fällt hier manches schmächtiger und blasser aus. Von diesen zwei Einwänden abgesehen, möchten wir uns aber sogleich beeilen, zu dem großangelegten Werk ausdrücklich ja zu 6agen. Wir haben nicht zu

viele dichterische Volksbucher, 60 randvoll von guter Anschaulichkeit, so sauber im Geist und in der Sprache. Hier ist nichts etwa bäuerliche „Gartenlaube“ oder „Blubo'-Tendenz, nichts eiwa nur Vordergrund, Oberfläche und Handlung nur um der Handlung allein, sondern hier geht es um echte Heimatdichtung einer Berufenen, die zugleich um alle Gesetze der Sein6ordnung weiß, einer Volkserzieherin, die es überdies versteht, die ewigen seelischen Mächte und geistigen Wirklichkeiten im Kunstwerk sinnfällig zu machen. Denn natürlich ist diese „Bauerntrilogie“ der Fanny Wibmer-Pedit zugleich eine, eben ihre „Divina Commedia“.

Die Egendertochter. Eine Geschichte aus dem Bregenzerwald. Von Ida Fink. Im Verlag der Quelle, Feldkirch. 88 Seiten.

Aus einer Landschaft, die der Binnenösterreicher meist nur vom Hörensagen kennt, aus dem Bregenzerwald, der uns den klassischen Volkserzähler Franz Michael Felder und in unseren Tagen die bedeutende Lyrikerin Paula Ludwig schenkte, meldet sich eine junge Novellistin zum Wort. Wer — wie der Beurteiler — seit seinen Studenten- und Wanderjahren Vorarlberg, das Land und sein Volk, und in besonderer Weise die Dichter des alemannischen Stammes liebt, ist doppelt interessiert. Das kleine Buch fällt schon durch seinen ungewöhnlichen Vorwurf aus der Reihe. Es erzählt, wie ein junges Mädchen auf den Verlobten und sein persönliches Liebesglück verzichtet im Dienst der Nächstenliebe zu ein paar verwahrlosten Halbwaisenkindern, die es betreut und die ohne es verkommen müßten, „Sie sind wie unseres Herrgotts Hündlein, daß sie mich bei der Juppe fassen und auf einen anderen Weg ziehen.“ Doch das allein ist es nicht; sondern daß uns mit dieser neuen Erzählerin wieder reine, große Epik von der dichten, körnigen Art eines Jeremias Gotthelf entgegentritt. Der Beurteiler bekennt gern seine glückhafte Bestürzung vor dieser Erstlingsprosa. Seine Überraschung glich jener, als ihm zum erstenmal die landschaftsgebundene Prosa der Paula Grogger vor die Augen kam. Hoffentlich verlieren wir diese neue und außerordentliche novellistische Begabung im Laufe der weiteren Entwicklung nicht an den Dutzendroman.

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