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Langsam geht der Sommer zu Ende. Und mit ihm eine Art Zeit des Interregnums im Programm des Fernsehens. Mit 1. September beginnt die neue Zeit und mit ihr ein neues System, auch im Programm.

Dieses Programm hat sich in den letzten Wochen etwas müde dahin-geschleppt. Daß ein amerikanischer Western, noch dazu hochbetagten Alters („Endlos ist die Prärie“), das Hauptprogramm des Sonntag bestreiten muß, zeigt nicht gerade von besonderer Qualität. Wenn es nicht zur Zeit in Berlin die große Funkausstellung gäbe, die uns mit dem „Goldenen Schuß“ und dem „Galaabend der Schallplatte“ zwei Abendsendungen hereinspielte, hätten wir möglicherweise noch weitere alte Filme als Lückenbüßer gesehen. Mit dem „Goldenen Schuß“ erlebten die Deutschen ihre Farbfemsehpremiere. Bei uns flimmerte diese Vico-Torriani-Show einstweilen noch schwarzweiß.

Wenn es auch in der vergangenen Woche keine besonderen Höhepunkte gab, so doch einige Sendungen, mit .denen man sich kritisch auseinandersetzen muß. Heinz Brantl brachte in den letzten „Horizonten“ einen Beitrag über die Ungeborenenhilfe der Caritas und über die Strafrechtsreform. Zu beiden läßt sich einiges sagen. Vielen hunderten Kindern hat diese Hilfe in den letzten Jahren zum Leben verholfen. Die jungen Mütter, meist sind es ledige Mädchen, die von ihrem Freund im Stich gelassen wurden, haben die Möglichkeit, in einem freundlichen Heim ihre Kinder zur Welt zu bringen. Wichtiger aber als die materielle Hilfe ist die seelische Hilfe. Warum aber dann der nicht gerade sehr humane Unterton in der Frage, ob es für viele Kinder vielleicht nicht besser wäre, nicht geboren worden zu sein?

In der Frage der Strafrechtsreform ging es vor allem um Straffreiheit oder Strafverfolgung der Homosexualität unter Erwachsenen. Es wurde zwar behauptet, daß die Strafverfolgung auf Wunsch der Kirche beibehalten werden soll, doch kam ein Vertreter der Kirche selbst nicht zu Wort. Der Zuseher konnte daher den Eindruck haben, als ob es der Kirche daran gelegen sei, moralische Vergehen durch ein staatliches Strafgesetz ahnden zu lassen. Die Klarstellung, daß es einen Unterschied gibt zwischen den im Gewissen verpflichtenden Normen aus religiöser Überzeugung und einem staatlichen Strafgesetz, hat man leider bei diesem Beitrag vermißt.

Alfred Payerleitner vermittelte uns in seiner Sendereihe „Diese unsere Welt“ ein von der amerikanischen Gesellschaft NBC zusammengestelltes Portrait von Chruschtschow. Obgleich dieser Bericht, wie Payerleitner andeutete, von den Russen bewußt den Amerikanern zugänglich gemacht wurde, er also nur das zeigen kann, was den heutigen Herrn im Kreml genehm ist, vermittelte er doch einen zumindest menschlich interessanten Einblick im, das jetzige Leben eines Mannes, der einmal stärksten Einfluß auf die Geschichte der Welt ausübte und heute ein stilles Pensionistendasein führt. Warum man allerdings die Äußerungen Chruschtschows in der Synchroni-

sation in einem Akzent sprechen ließ, mit dem man in Kabaretts Russen imitiert, bleibt unerfindlich. Sollte es vielleicht als „lustiger“ Gag gemeint sein?

Im Zweiten Programm sahen wir in der Sendereihe „Kirche heute und morgen“ den interessanten Beitrag „Kirche und T echni k“. Diese Sendereihe wird sich so lange nicht vom Beigeschmack einer Werbesendung befreien können, so lange sie ihre eigenen Themen nicht kritischer anfaßt. So einfach ist es nun doch nicht, daß Schwierigkeiten zwischen Kirche und Technik nur in der Vergangenheit lagen und daß heute es überhaupt keine Mißverständnisse gibt. Es ist bezeichnend, daß kritische Stellungnahmen am ehesten von den Priestern, Monsi-(fnore Mauer und Prälat Ungar, kamen. Was Gestaltung und Regie betrifft, so gleichen diese Sendungen in der letzten Zeit immer mehr den Horizonte-Beiträgen. Sollten sie nicht doch etwas mehr sein?

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