6602898-1953_51_11.jpg
Digital In Arbeit

österreichische Spitzenweine im Ausland

Werbung
Werbung
Werbung

Wenig beachtet in Oesterreich, aber herzlich willkommen im Ausland, finden seit Jahren österreichische Spitzenweine ihren Weg zu den Nervenzentren der Weltwirtschaft: nach USA, England, Holland, Belgien, Schweden, der Schweiz und sogar in die exotischen Ecken der Erde, wie nach den Bahamas, nach Mexiko und Indonesien.

Seit dem Eintreffen der ersten Nachkriegssendung österreichischer Spitzenweine in New York vor mehr als fünf Jahren wurde ein weiter Weg zurückgelegt. Diese zu feiern und zu begrüßen, wurde damals eine österreichische Weinkost veranstaltet; Vertreter des offiziellen Oesterreich, Spitzen der amerikanischen Gesellschaft und prominente Künstler verliehen ihr Prestige und Glanz. Die führende „New York Times“ widmete am folgenden Tag einige Spalten den „Neuankömmlingen“; sie wurden begrüßt und ihnen Erfolg gewünscht auf ihrem weiteren Weg zu den amerikanischen Tafelrunden. Der Auftakt zur steigenden Beliebtheit der guten österreichischen Weine war gegeben.

Aber der Weg zum Erfolg war ein steiniger; genau so steinig und beschwerlich wie der karge Boden der österreichischen Weinlandschaft und die Arbeit des Winzers. In mühevoller, zäher Kleinarbeit, unterstützt von vielen Freunden, fanden die österreichischen Weine Eingang zu den exklusiven Restaurants und Hotels New Yorks und schließlich Amerikas. So sind sie heute vertreten auf den Weinkarten weltberühmter Hotels, wie „Wal-dorf-Astoria“, „Savoy-Plaza“, „St. Regis“ usw., und der Restaurants der oberen Zehntausend, des „Colony“, „Newport“ und „El Morocco“; führende Ladengeschäfte preisen sie ihren verwöhntesten Kunden an. Von New York aus fanden sie ihren Weg in die anderen Großstädte des Landes, nach Chikago, Boston, Washington, Los Angeles und San Franzisko, aber auch in Houston, Detroit und Cincinnati sind sie nicht mehr unbekannt.

Anfänglich war man in Amerika überrascht zu hören, daß es in Oesterreich überhaupt Weine gibt, sodann war man überrascht über ihre hervorragend Güte. Ausgesuchte Qualitäten der Weingüter Fritz Salomon, Stein, und Weigl, Gumpoldskirchen, waren die Bahnbrecher für den Ruf und die Verbreitung österreichischer Weine in Amerika. So sind heute die Namen „Kremser“ und „Gumpolds-kirchner“ Begriffe für Qualität geworden, die die Konkurrenz mit den lang bekannten Weinen anderer Länder nicht zu scheuen brauchen.

Der zunehmende Markt für österreichische Weine erforderte die Einschaltung weiterer Produzenten für den Export. In seltener Exportfreudigkeit schloß sich der leider allzu früh verstorbene Albert Kutschera, Inhaber der Firma Rudolf Kutschera & Söhne, den Exportbemühungen an. Dies ist um so bemerkenswerter, als Exportfreudigkeit unter den österreichischen Weinproduzenten eine seltene Erscheinung ist. Immer wieder begegnet man den gleichen Einwendungen- Wozu exportieren? Die guten, allein hierfür in Frage kommenden Qualitäten finden im Inland leicht Absatz, und zwar zu Preisen, die wesentlich höher liegen, als sie ausländische Märkte zu bezahlen in der Lage sind. Oft werden auch Beispiele mißglückter Export versuche zitiert. Man vergißt dabei, daß jeder ausländische Markt erarbeitet werden muß, wobei die allererste Voraussetzung für den Erfolg das Angebot guter, wenn nicht überragender Qualitäten ist; aber auch diese müssen zu einem vernünftigen, konkurrenzfähigen Preis angeboten werden. Bei jeder Lieferung müssen Qualität und Haltbarkeit garantiert werden, d. h. es müssen unter Umständen auch kostenlose Ersatzlieferungen erfolgen. Es ist besser, Wein und Geld einzubüßen, als mühsam erworbene Kunden zu verärgern und wertvolle Märkte zu verlieren. •Weiterhin erfordert erfolgreiche Exporttätigkeit eine genaue Kenntnis der ausländischen Märkte, die unter Aufwendung von viel Zeit und Geld in mühsamer Arbeit erworben werden muß. Gesetze und Usancen sind von Markt zu Markt, in den USA sogar von Bundesstaat zu Bundesstaat, verschieden. Die Außerachtlassung der geringsten Vorschrift kann die Uebernahme der Weine durch den auslandischen Kunden unmöglich machen, oder ist mit kostspieligen Auslagen verbunden. Die Pflege der Beziehungen zu ausländischen Kunden ist ein weiterer wichtiger Punkt des erfolgreichen Exportes: über die, selbstverständlich in der Landessprache zu führende Korrespondenz und die prompte Beantwortung aller Briefe hinaus, muß man initiativ an die Abnehmer herantreten und ihre Verkäufe mit Rat und Tat fördern. Ein psychologisch wichtiger Bestandteil der ausländischen Kundenpflege ist schließlich die Sendung von Glückwunschkarten und kleinen Aufmerksamkeiten, die stets eine gedankliche Verbindung mit dem Ursprungsland Oesterreich anregen sollen.

Neben der Schwierigkeit der Gewinnung neuer Märkte für unsere österreichischen Spitzenweine ist aber auch die Gewinnung neuer exportfreudiger Produzenten schwierig. Oft bedarf es eines Jahres ständiger Korrespondenz und der Pflege persönlicher Kontakte, ehe man einen geeigneten ausländischen Abnehmer findet; oft gibt dabei der export-ungeschulte inländische Produzent seine Bemühungen frühzeitig als hoffnungslos auf. Aber optimistisch und in geduldiger Ausdauer haben sich kürzlich zwei weitere Produzenten den Exportinteressenten angeschlossen: die Firma Hans Wcwalka mit ihrem Grinzinger und Nußberger und das Fürstlich Estcrhäzysche Weingut mit seinem Rüster Burgunder und mit Weißweinspezialitäten.

Nach dem Einspielen des Amerikaexportes wurde die Erschließung neuer Märkte begonnen. Ueberau werden durch die Güte der heimatlichen Weine neue Freunde gewonnen. Und stolz sind Produzent, Exporteur und Vertreter, wenn beim erstmaligen Verkosten z. B. ein gewiegter belgischer Fachmann sagt: „C'cst un grand vin.“ Der begeisterte Einsatz der Auslandösterreicher und die tatkräftige Unterstützung der offiziellen Vertreter Oesterreichs in drei Ländern, USA, Holland und Belgien, leisteten unschätzbare Dienste in der Arbeit zur Erreichung eines Verteilernetzes. Ohne den energicvollen Einsatz seitens des österreichischen Generalkonsulates in New

| York zur Propagierung österreichischer Weine wäre es kaum möglich gewesen, solche bedeutende Erfolge in verhältnismäßig kurzer Zeit zu erzielen. Genau so setzten sich später die offiziellen Vertreter Oesterreichs in Holland und Belgien ein. In diesen Ländern gibt es keinen österreichischen Diplomatenempfang

ij| oder auch nur ein bescheidenes Diner, bei dem nicht heimische Weine serviert werden; ebensowenig würde es den offiziellen Vertretern Frankreichs oder Deutschlands einfallen, im Gastland andere Weine als die ihrer Heimat

1 zu servieren. Leider ist aber dieser Gedanke noch nicht Allgemeingut der österreichischen diplomatischen Repräsentanten geworden; es kommt noch häufig genug vor, daß zu offiziellen Veranstaltungen unserer Diplomaten im Ausland die scharmanten Vertreter Oesterreichs — seine Weine — nicht eingeladen werden. Der durch solche Versäumnisse angerichtete Schaden kann nicht unterschätzt werden. Ein Beispiel aus der Praxis soll dies illustrieren: seit geraumer Zeit bemüht sich in einer bedeutenden Stadt des Auslandes ein Vertreter um den Verkauf österreichischer Weine an ein renommiertes Hotel. Erfolgsicher begibt er sich, als er eines Tages vernimmt, daß ein österreichischer Diplomat in diesem Hotel ein Diner geben werde, zum Einkaufsleiter des Unternehmens. Mit unbeschreiblicher Enttäuschung vernimmt er aber die verbindlich lächelnd vorgetragene Ablehnung, die in der Mitteilung gipfelt, der österreichische Diplomat habe Weine eines Konkurrenzlandes für sein Diner bestellt..

Es bedarf keiner besonderen Betonung, daß auch alle späteren Bemühungen des Weinvertreters erfolglos blieben. Stereotyp argumentierte man bei jedem seiner Besuche: Wer sollte sdion österreichische Weine bestellen, wenn nicht einmal der Repräsentant dieses Landes sie trinke!

Im Gesamtausmaß der österreichischen Exporte ist der Anteil der Spitzenweine verschwindend klein. Aber unermeßlich groß ist seine Bedeutung als Werbemittel für Oesterreich, seine Kultur, seinen Fremdenverkehr. Wein wird überall in der Welt getrunken in Augenblicken der Entspannung, in feierlicher Stimmung und vor allem zu Zeiten der nervlichen Ausgeglichenheit und geistigen Aufnahmefähigkeit. Dies sind kostbare Momente für den Werbefachmann, die er unter Aufwand von oft phantastischen Beträgen für Radio- und Fernsehreklame auszuwerten versucht. In solchen aufnahmebereiten Situationen für die Heimat in der Fremde zu werben, ist die unschätzbare Chance der österreichischen Weine. In klarer Erkenntnis dieser Werbemöglichkeit für Oesterreich wurde, besonders nach dem Grundsatz: „Kleider machen Leute“, Augenmerk auf die Aufmachung der Flaschen gelegt. So ist heute jede Flasche österreichischen Exportweincs mit einer aparten „Austria“-Halsschleife ausgestattet, die eine Verwechslung mit Weinen eines Konkurrenzlandes unmöglich macht. Neben ansprechenden Hauptetiketten tragen viele Exportwcine eine Rückenetikette in englischer Sprache, die von dem Ursprungsgebiet des Weines erzählt. So berichtet jene des „Kremser“ von der romantischen Landschaft der Wachau, der Ruine Dürnstein mit ihrer Sage von Richard Löwenherz und dem Sänger Blondel, während die des „Gumpolds-kirchner“ auf die Großen unserer musikalischen Vergangenheit anspielt, die gerade dieses Gebiet so oft und gern besuchten. Denn immer und immer wieder, muß in der Adjustierung das Verbindende zwischen Oesterreich und dem Ausland betont werden, das gemeinsame Band der westlichen Kultur, zu der unsere Heimat so viel beigetragen hat.

Romantisch schön ist das Weinland Oesterreich. Das Donautal um Krems, die Wachau, die sanften Hänge des südlichen Wienerwaldes um Gumpoldskirchen, das bizarr melancholische weite Burgenland, oder der rebenbedeckte, stolz nach Osten schauende Nußberg; alle atmen die tausendjährige Geschichte und Kultur: sie sind ein Sinnbild Oesterreichs ia Freude und Sorge, in Armut und Reichtum. So sind auch die besten Weine dieser bezaubernden Landschaften dazu berufen, ihre Heimat würdig im Ausland zu vertreten —■ alten Freunden zum Stolz, und neuen zu bisher unentdecktem Genuß.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung