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Oh (du mein) Osterreich
Jetzt hat sich also auch die Mineralölverwaltung unseres Landes dem vorbildlichen Beispiel des ORF angeschlossen und nennt sich fürderhin OMV. Sie tut es, so sagt sie, wegen einer leichteren internationalen Verständlichkeit. Somit dürfte der Tag nicht mehr fern sein, da sich die österreichische Bundesregierung entschließt, die beiden dem Rest der Welt so unbekannten Stri-cherln über dem Anfangsbuchstaben der Republik offiziell zu streichen.
Österreich, in seiner bislang lateinischen oder, folgt man dem Barden Fendrich, englischen Fassung Austria so leicht mit dem Känguruh-Kontinent verwechselbar, hätte Chancen. Es könnte nicht nur dem AEIOU-Sat-ze entsprechend, „in orbe ultima” zu sein, dank dem griechischen Omega nun tatsächlich den Anspruch erheben, das Letzte darzustellen, es könnte sich den Anklang an das germanische und in der Folge christliche Frühlingsfest in jeglicher, der heutigen Infantilitätswelle nacheifernden Weise zunutze machen. Nicht nur, daß ab sofort der Osterhase unser Wappentier wäre, stünde der einheimischen Tourismuswirtschaft das ganze Jahr über fröhliches Ostereiersuchen, Osterratschen und Osterstriezel-Wettessen als Attraktion zur Verfügung.
Die Negation der Umlaut-Striche oder -Punkte gäbe weiters den Herausgebern des österreichischen Telefonbuches die Möglichkeit, sich endlich wieder eines internationalen Standards zu befleißigen, den Benutzern der Nachschlagewerke bliebe in der Folge der bisherige Ärger erspart, das Ä, 0 oder Ü im Anhang an den normalen
Selbstlaut zu suchen und mitunter dennoch kläglich zu scheitern, was einen Anruf in der Auskunft der Telegrafenverwaltung und den unweigerlich an einen solchen folgenden Tobsuchtsanfall in alle Zukunft aus; schlösse. Die Post ihrerseits wiederum, die in der Herausgabe der meistfrequentierten Ansichtskarten-Briefmarke mit dem makabren Admonter Sujet „Tod” ihren Weg in die Privatisierung unmißverständlich eingeleitet hat, würde sich im Zuge der Wegrationalisierung der unnotwendigen ä-, ö- und ü-Striche viel Druckerschwärze ersparen, ein weiterer ungeahnter Schritt ins nächste Sparpaket.
Was unseren deutschen Brüdern im Norden noch immer recht ist, nämlich die schamlose Anwendung international nicht gebräuchlicher Buchstaben auf ihren Autonummern, haben wir ja gleich in einem Aufwaschen mit der Ablehnung der attraktiven Hundertwasser-Autokennzei-chen längst ins Absurde verbannt. Somit ist hier der Weg zum Nicht-Umlaut-Land vorgezeichnet worden, was möglicherweise die Mödlinger kränken mag, da sie auf ihren Fahrzeugen eines ansonsten denkbaren MÖ ent-raten und ihre diesbezüglichen Ambitionen auf den immer noch geltenden Faschingsgruß Mömö reduzieren müssen. Doch weist der Umstand der Früherkennung des Problems auf eine den Erfordernissen der Zeit aufgeschlossene Verkehrsbehörde hin, die ihre Modernität somit nicht nur in der Anlage überraschend in die Landschaft plazierter Kreisverkehre mit Vorrang oder im Weglassen der Entfernungsangaben auf Wegweisern dokumentieren muß.
Dank also den Repräsentanten der Mineralölverwaltung, die nur noch das Öl wie auch ihr so schönes Firmenlogo des Umlauts zu entkleiden haben.
Den Wiener Fiakern statt ihres gemütlichen „Oha” in futuro ein auch ihren Fahrgästen leichter verständliches „Oha” vorzuschreiben, kann den Untergang des Abendlandes auch nicht mehr wesentlich beschleu.
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