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Romane und Erzählungen

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Warwick Deeping, ein bekannter englischer Autor, der gerne Außenseiter der Gesellschaft schildert, erzählt in seinem Roman „W a n d- lungen des Herzens“ (A.-Scherz-Verlag, Bern) ein Schicksal, an dem uns ein wichtiges Problem ärztlicher Ethik deutlich wird. Aus engen Verhältnissen ringt sich ein junger Mann durch große Befähigung und Fleiß empor und wird Arzt. Mit körperlichen Vorzügen wenig gesegnet, versteht er es nicht, sich beliebt zu machen, und erregt dturch seine kompromißlose Ehrlichkeit und sein einzelgängerisches Wesen überall Anstoß, bis ihm glückliche Fügungen seine berufliche Entfaltung ermöglichen. Aber er ist ein Fanatiker der Wissenschaft, ohne Mitgefühl, und sieht in seinen Patienten nur Objekte der Forschung. Erst in der Angst um seine geliebte, gefährlich erkrankte Frau erwachen Güte und Menschlichkeit in ihm und bewirken seine Wandlung zu einem selbstlosen Helfer der leidenden Menschheit. Lebensechte Milieuzeichnung, psychologische Schärfe, ruhige Sachlichkeit des Erzählens und ein diskreter Humor, der den englischen Romanen ihre besondere Note gibt, sind die Vorzüge dieses sympathischen Buches.

Eine abenteuerliche Fahrt in den Weltraum, zu der ein harmloser Philologieprofessor gezwungen wird, ist das Thema des utopischen Romans „D er verstummte Planet" von C. S. Lewis (Amandus-Edition, Wien). Mit üppiger Phantasie werden tiefsinnig und grotesk zugleich die Verhältnisse auf einem fernen Planeten geschildert, dessen Bewohner unsere Erde den „verstummten Planeten“ nennen. Mit dieser Darstellung einer phantastischen Welt verbindet der Autor nach bewährten Mustern kultursatirische Absichten. Die Wirkung des Romans wird wohl nur auf die Freunde derartiger Literatur beschränkt bleiben. In die Atmosphäre des Abenteuers führt uns auch F. Fr. Oberhäuser mit dem Roman „Die letzte Macht“ (Verlag A. Swoboda, Wien). Ein an die Allmacht der

Tedmik glaubender Ingenieur erlebt in den Schneestürmen des nördlichen Kanada die Macht der Menschlichkeit durch einen Freund, der, nur durch die Ätherwellen mit ihm verbunden, zu seinem Retter wird. Das Buch ist hauptsächlich auf äußere Spannung berechnet und literarisch ziemlich anspruchslos. H. Ke- s t e n, ein einst sehr bekannter deutscher Autor und Vertreter der ,,neusachlichen" Riditung, greift in seinem Novellenband „Die Liebes- e h e“ (Danubia-Verlag, Wien) Menschenschicksale aus dem Alltagsleben heraus, die häufig an der Grenze zwischen Tragik und Komik stehen. Die schonungslose Schärfe, mit der alle Schwächen brutal aufgedeckt werden, und der oft manierierte, abgehackte, betont kaltschnäuzige Stil geben den Novellen eine Eigenart, die uns wenig zusagt. Ein interessantes Motiv hat Fr. Tor b‘e r g in der Novelle ,,Mein ist die Rache“ (Bermann-Fischer- Verlag, Wien) gewählt. Ein jüdischer KZ-Häftling muß sich mit dem Problem des Verhaltens des einzelnen gegenüber der Gewalt und so auch mit der Frage der Rache auseinandersetzen. Nachdem er seinen Peiniger getötet und seine Freiheit erlangt hat, fühlt er erst ganz den tragischen Dualismus jeder Radie. Es ist eine Dichtung von erregender innerer Spannung und tiefdringender Dialektik, die weit über dem Durchschnitt thematisch ähnlicher Werke steht und auch durch die etwas gewaltsam wirkende überraschende Enthüllung am Schluß nichts von ihrer aufwühlenden Kraft verliert. Aus alten Urkunden schöpfend, zeichnet Josef Weingartner in der Erzählung „Causa amore“ (Bernina-Verlag, Wien) ein lebendiges Bild des Lebens auf den Burgen und in den Dörfern Osttirols im 15. Jahrhundert. Diese stimmungsvolle Geschichte der Liebe des Maler Simon, eines Schülers von Michael Pacher, zeigt den Autor nicht nur als geschmackvollen Erzähler, sondern auch als einen Kulturhistoriker von Rang, der ein reiches volkskundliches Wissen beherrscht.

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