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Schatten der Vergangenheit

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Ein Film, der in jeder Einzelheit seiner Gesamtkonzeption, seiner Gestaltung und Durchführung auf einsamer Höhe steht, ist der amerikanische Streifen „Der Pfandleiher” — absolut kein bequemer Film, und deshalb mußten auch vier Jahre verstreichen, deshalb mußte der Streifen erst elf internationale Auszeichnungen erhalten, bis sich auch bei uns ein Verleih für ihn gefunden hat — Nach dem gleichnamigen Roman des 1962 verstorbenen Edward Lewis Wallant gedreht, erzählt der Film die Geschichte des ehemaligen Leipziger Professors Sol Nazerman, der als einziger aus seiner Familie der nationalsozialistischen „Endlösung” entkommen ist, und nun im New Yorker Stadtviertel Spanish-Harlem ein kleines Pfandleihgeschäft betreibt. Nazerman ist durch die grauenhaften Erlebnisse seiner Vergangenheit früh gealtert, er, der mit dem Leben bereits abgeschlossen hatte, lebt, lebt noch immer in einer Welt, die er nicht mehr verstehen kann, die ihn nicht mehr versteht. Erst der Tod seines Ladengehilfen Ortiz, welcher stirbt, um ihm das Leben zu retten, bringt Nazerman zu Bewußtsein, daß er doch nicht allein ist.

Man muß erst gar nicht die symbolträchtige Parallele zwischen dem Opfertod Ortiz’ und dem Opfertod Christi ziehen, um zu bemerken, welche Fülle von Anklage der Gegenwart und der noch nicht bewältigten Vergangenheit in Lumets Film frappierend herausgearbeitet wurde. Da ist nichts, aber schon gar nichts mehr zu bemerken von jener verlogenen Haltung, die im Film oft ein Zerrbild der wahren Wirklichkeit schafft. Lumet reißt einer Welt die Maske herunter, hinter deren glänzender Fassade sich das Elend verbirgt. Er bedient sich dazu auch der faszinierenden Kulisse der Millionenstadt New York, doch könnte es ebenso jede andere Großstadt sein.

Das Interessanteste an diesem Film aber ist, daß er versucht, die Bewältigung der Vergangenheit einmal von der anderen Seite zu zeigen; die eine Seite hat ihren Schuldkomplex seit Jahrzehnten immer wieder entweder durch endlose Selbstbezichtigungen oder durch .

Vorüber sind die 50 Fernsehstunden, während denen das Ringen um olympische Ehren in den wichtigsten Disziplinen des Wintersportes auch das Interesse so manches Kunstbeflissenen magnetisch auf sich zog. Da überdies Proteste, Fehlentscheidungen und jene unvermeidliche chronique scandaleuse diesmal die Wettbewerbe in ungeahntem und seltenem Ausmaß beinahe bis zum letzten Augenblick würzten, waren eben die Gemüter aller aufs äußerste bewegt. Sogar das Wetter spielte mit in diesem Teufelszirkus der Schwierigkeiten. Undurchsichtige Wolkenfetzen zerrten an den Nerven der Aktiven und brachten so manches Erfolgskonzept durcheinander.

Jedenfalls war uns da „Dichter Nebe l”, ein ausgezeichnetes Fernsehspiel von Fred von Hoerschel- mann, als Psycho-Thriller mit literarischer Ambition zum Thema „Entlarvung des menschlichen Charakters” schon wesentlich angenehmer. Zumal man Hans Caninenberg in der folgerichtigen und pointierten Regie von Günter Gräwert mit Persönlichkeitsgenuß folgte.

Das Erfolgskonto Dr. Marcel Prawys wurde durch seine Premiere als Mentor durch die Entstehung und Deutung eines Konzertwerkes bedeutend vermehrt, obwohl ihm die optischen Effekte eine,’! Opernquerschnittes nicht zur Verfügung standen. Die natürliche Dynamik Eugen Ormandys bei der Einstudierung von Richard Strauss’ „Till Eulenspiegel” mit den Wiener Philharmonikern kam seinem Wollen ebenso glücklich entgegen wie die relative Kürze dieses lebhaften Beispiels aus dem Reiche der Programmusik. Aber sicher wird sich der wohlinstruierte Plauderer schon einfallsreiche Gedanken über die anschauliche Vorführung auch einer großen Symphonie gemacht haben.

Der faschingsmäßige Aufputz der Reihe „Gut en Ab en d in ö st erreich” — von Heinz Conrads locker präsentiert — diente harmloser Brei- tenunterhaltuhg. Die hintergründigdichte Liebeneiner-Inszenierung des Sagan-Schauspiels „Ein Schloß in Schweden” mit Antje Weissgerber zeugte für die Steuerung eines befriedigenden Kontrastprogramms.

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