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Schelmenroman des Atomzeitalters

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DIE BEISPIELLOSEN ERFINDUNGEN DES FELIX HILARIUS. Ein heiterer Flunkerroman. Von Othmar Franz Lang. Verlag J. Pfeiffer, München 1960. 176 Seiten. Preis 7.80 DM.

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DIE BEISPIELLOSEN ERFINDUNGEN DES FELIX HILARIUS. Ein heiterer Flunkerroman. Von Othmar Franz Lang. Verlag J. Pfeiffer, München 1960. 176 Seiten. Preis 7.80 DM.

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Der Wiener Autor Othmar Franz Lang hat, mit seinen köstlichen Einfällen des Felix Hilarius, in der Art der großen, alten Schelmenromane eine ebenso vergnügliche wie tiefsinnige Satire auf unsere Zeit geschrieben. Er nimmt die Vergötterung der technischen Errungenschaften unter die Lupe, die viel häufiger zum Schaden als zum Nutzen der Menschheit entwickelt werden. Den machtpolitischen Wettstreit der Völker sodann, die Lügen und moralischen Verbrämungen, mit der diese Machtpolitik verhüllt wird. Und nicht zuletzt die seltsamen Blüten, die die Bürokratie in der modernen Gesellschaft treibt!

Alles das geschieht nun keineswegs lehrhaft und moralisierend. Es funkelt im Gegenteil nur so von amüsanten Schnurrpfeifereien und hintergründigen Flunkereien. Zum Schluß wird es dann hochpolitisch! Dem genialen Zauberer Felix gelingt es, mit seinen die Schwerkraft auf- lebenden „Schwerefeldlampen" die An griffe mächtiger Staaten auf das kleine Land Leuchtenfels, das „auf seine Schwäche vertraut“, abzuwehren, und schließlich sogar die Ministerpräsidenten der Erzfeinde Maschinellien und Traktorei — unnötig zu sagen, wer sich hinter ihnen verbirgt! — zu ersprießlichen Verhandlungen in Leuchtenfels zusammenzuführen. Das von Felix erfundene Wahrheitspulver Veriviton (das er als Zahnwuchsmittel vertreibt, dessen Genuß den Menschen ein drittes natürliches Gebiß beschert!) wirkt Wunder. Der Ministerpräsident der Traktorei erklärt kurz und bündig bei dem Treffen:

„Leuchtenfels hat uns durch seine Waffenlosigkeit ein Beispiel gegeben, dem wir sofort folgen werden. Indem wir den Mond und andere Satelliten unter unsere Kontrolle bringen wollten, indem wir immer größere Entfernungen zu überbrücken versuchten, haben wir immer größere Entfernungen zwischen Menschen und Menschen dieser Welt gelegt. Aus Mißtrauen, aus Angst, aus

Sucht nach Macht. Wir haben keine Lügen gescheut, um unsere Haltung und unsere Taten zu rechtfertigen. Wir wollen dies in Hinkunft ändern. Das ist alles.“

Sein Rivale, der Ministerpräsident von Maschinellien, sagt Ja und Amen zu diesem Programm.

Felix weiß auch Rat für die nützliche Verwendung der aufgestapelten Raketen und anderen Mordwaffen. Doch darüber verraten wir keine Einzelheiten, die müssen Sie selbst nachlesen!

Es gibt in dieser Utopie auch noch das Land Liberia, in dem schon die Kinder in der Schule lernen, sich selbst und anderen Menschen zu helfen. Und es gibt Museanien, das Land, das noch „den Wert der Pause“ zu schätzen weiß. Ich denke, Sie ahnen, wer da gemeint ist mit diesem sympathischen, Gottlob, immer noch ein wenig rückständigen Museanien!

Das Schönste an diesem Buch ist, daß der Autor all seine köstlichen Flunkereien mit so leichter Hand aus dem Ärmel schüttelt. Gewiß, Lang möchte die Welt verändern. Aber, da gibt es keinen erhobenen Zeigefinger, keinen bitteren Sarkasmus. Hinter seinem manchmal ein wenig schmerzlichen, aber doch immer lächelnden Humor verbirgt sich eine sehr warme Menschlichkeit, die weiß, worauf es ankommt in einer Welt, die aus den Fugen geraten ist. Die Zauberkünste des Felix Hilarius sind alles andere als billige Gaukeleien; sie entschleiern vielmehr die Dinge, die wir wissen müssen, um nicht leichtfertig ins Verderben zu rennen.

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