6589363-1952_15_20.jpg
Digital In Arbeit

St. Oswald ob Kleinkirchbeim

19451960198020002020

Von Osevin Moro: Ein Buch vom Kärntner Bergbauerntum. Bildschmudc von Prof. Leopold Reich und Architekt Dipl.-Ing. Ingeborg Schober. Verlag des Geschichtsvereines für Kärnten. 272 Seiten

19451960198020002020

Von Osevin Moro: Ein Buch vom Kärntner Bergbauerntum. Bildschmudc von Prof. Leopold Reich und Architekt Dipl.-Ing. Ingeborg Schober. Verlag des Geschichtsvereines für Kärnten. 272 Seiten

Werbung
Werbung
Werbung

Wäre dies Buch nicht Ertrag einer wertvollen volkskundlichen Forscherarbeil, fesselnd von Seite zu Seite, so müßte es schon ansprechen durch die rührenden Züge der Persönlichkeit, die aus ihm hervortritt. Leider ist der Verfasser, noch in jungen Jahren, schon in die Ewigkeit eingegangen. Es war etwas Besonderes um- diesen jungen Professor an der Villacher Bundesanstalt für Bau- und Kunstgewerbe, der jahrein, jahraus durch zwanzig Jahre seine Ferien und viele seiner schulfreien Tage in dem-Bergdorfel St. Oswald im Nockgebiet der Oberkärntner Bergwelt verbrachte, um sich geistig einzubürgern unter dem weltabgeschiedenen Bergbauernvolk, die Sprache seines Gemütes, seiner Wesensart, die Geschichte aus seiner Sprache, seiner Arbeitsweise und Lebensart zu erlauschen und in seinen Aufzeichnungen zu bewahren. Sein Lebenswerk hat nach seinem Tode in dem Nachruf, den Professor Geramb schrieb,' hohe Wertung erfahren, und nicht anders lautet das Urteil, das ihm Professor Dr. Hermann V/opfner, der Tiroler Altmeister der Heimatkunde, in seiner Einbegleitung der vorliegenden Sammlung thematisch ineinander verwachsener Aufsätze Oswin Moros zuteil werden läßt. Von früh an folgte Oswin Moro — er begann schon als Obergymnasiast seine systematische volkskundliche Arbeit in St. Oswald — dem Leitgedanken, daß es nötig sei, sofern man den Kern des bäuerlichen Wesens erkennen wolle, den Menschen an seiner urtümlichen Arbeit kennenzulernen, „in der Werkstatt, in der Waldarbeit, im Holzschlag, bei der Heumahd und auf der Alm in den Sennhütten, Scheuem und Stuben“. Er hatte sich für seine Forschung einen Arbeitsplatz ausgesucht, der, noch wenig berührt von den Umwälzungen in der Talwelt, noch einen ungehobenen Schatz echter Tradition und Sitte bewahrte. Da saß er dann halbe Tage lang bei der alten „Weger-Sennerin“, fragte und ließ sich erzählen, teilte den Tag mit den Flachsbrechlerinnen,’ unter denen besondere Riten seit alters her in Übung waren, und folgte der Arbeit der Holzknechte im Holzschlag und ließ sich darob vom Bichlbauer in aller Ruhe die gesamte Holzarbeit beschreiben, zur Kontrolle, daß er diese Arbeit richtig in seinen Heften verzeichnet habe. Einen eigenartigen Reiz haben seine sprachlichen Erkundungen; vielfach sind die Worte Eigenbesitz des bergbäuerlichen Dialekts, aber auch nicht selten erkennbar wurzelhafte Formen alten deutschen Sprachschatzes, die in der Schriftsprache schon verschollen sind. Es wäre ein Mißverständnis, wollte man dies Werk ednes Kärntner Forschers, gehoben aus weltfremdem Kärntner Bergbauerntum., als eine Kärntner Angelegenheit betrachten, deren Bedeutsamkeit im örtlichen begrenzt ist. Oswin war ein Pfadfinder, dessen Beispiel, Methode und Erfahrung auch die Volkskunde allgemeinhin in unserem Alpenland zu befruchten vermag. Nicht auch zuletzt durch sein Beispiel zartsinniger Einfühlung in die seelischen Bezirke der Menschen, denen seine liebevolle Erkundung gilt. Hüten wir unser Bergbauemtum. Wir wissen nicht, wie lang uns die Zeit des Radio, des Fernsehens, und des Verschwindens alter Lebensdistanzen, die jetzt schon die Berghöfe entvölkert, noch diese Urkraft unseres Volkstums am Leben läßt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung