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Wassersucht

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Vermutlich diente der sprudelnde Quell dem Steinzeltmenschen lediglich dazu, seinen Durst zu löschen, während die Fähigkeit, über seinen Durst zu trinken, erst seine kultivierten Nachfahren entwickelten. Jahrhunderte mußten vergehen, bis man die Reinigungskraft des Wassers entdeckte. Und schon kamen auch die ersten Weisheiten in Umlauf: „Eine Hand wäscht die andere“ oder „Stille Wasser sind tief", und von den ersten Erkenntnissen war es nicht mehr weit zu den Redensarten: „Sie kann ihm zwar nicht das Wasser reichen“, doch sie kann es nicht lassen, „ihm den Kopf zu waschen“ und so weiter bis zur Bildersprache: „Waschlappen“ oder „Bachbett“ um Beispiele zu nennen. Herakles soll einen Bach durch einen reinigungsbedürftigen Stall geleitet haben. Der modernen Industrie blieb es Vorbehalten, auf den Augiasstall zurück- zukommen und seither alles, was die Fabriken giftet, den Flüssen zu überantworten.

Wir haben vorgegriffen, so weit sind wir noch nicht in unseren Betrachtungen. Erst kommt die Zeit, die das muntere Bächlein zwingt, Mühlräder zu treiben, Viehtränken und Pferdeschwemmen säumen die Gewässer ein, man fängt Fische, erst mit der Hand, später an Hand von Fischkarten, das Waschweib wird erfunden, das, am Dorfbačh kniend, die schmutzige Wäsche wäscht. Dichter eilen herbei, sehen an den Quellen Knaben sitzen und hören Bächlein rauschen, worauf sich dieser Texte Tondichter bemächtigen.

Schließlich werden die Zeitungen erfunden, und schon wird auch die Idee kreiert, aus ihnen Schiffchen zu falten. Sägewerke und Hammerschmieden bedienen sich der Wasserkraft, man beginnt, das Wasser zu stauen, doch rasch wird es wieder stiller um die Bäche. Die Mühlen verfallen, die Wasseret sterben aus, die Hammerwerke werden aufgelassen, die Sägewerke elektrifiziert, die Dosenfische kommen der modernen Bequemlichkeit entgegen, die Waschmaschinenvertreter tragen — ratenweise — die neue Zeit in das letzte Dorf, niemand wäscht mehr vor den anderen seine Wäsche. Während man sich von den natürlichen Quellen immer mehr entfernt, beschäftigt man sich mit dem Mund um so mehr: Man spricht von Quellen des Vergnügens, von Qellen des Reichtums, von quellenden Formen, von trüben Quellen, Kaufhäuser nennen sich Quellen, viele bemühen sich, an der Quelle zu sitzen, ohne sich naß zu machen.

Doch dauerte es nicht lange, wurde der muntere Bach wiederentdeckt. Wochenende für Wochenende pilgern Scharen an seine Gestade, eine richtige Wassersucht ist ausgebrochen, die gehetzten Menschen halten inne, um sich zum rieselnden Quell niederzubeugen, das Comeback des Baches begann.

Als Autowaschplatz.

Das Mißtrauen überwunden

Der Geschäftsbericht der Bank für Arbeit und Wirtschaft, der früheren Arbeiterbank, weist für das Jahr 1965 eine Bilanzsumme von fast fünf Milliarden Schilling aus, das sind 20 Prozent mehr als im Jahr 1964. Ein beachtlicher Erfolg. Ein Erfolg auf einem Sektor, der früher von Arbeitnehmerseite eher mit skeptischen Augen betrachtet wurde — aber das ist Vergangenheit! Heute haben schon viele Lohn- und Gehaltsempfänger mit kleinen Einkommen ihr Sparbuch und planen ihre wirtschaftliche Zukunft. Nicht zuletzt ist das ein Erfolg jener Geldinstitute, die, als Institute der Arbeitnehmer gegründet, deren besonderes Vertrauen genießen.

Splitter und Späne

„Wo der Klassenkampf durch Partnerschaft ersetzt wird, ist das Einigende immer stärker als das Trennende.“

Vi ek n l r Fritz Bock

„Echter Marxismus ist bescheidener geworden. Er anerkennt, daß er weder berufen noch fähig ist, die Frage nach dem Sinn des Lebens und nach dem Glück zu beantworten.“

Rupert Gmoser

„Dieser Zukunftsglaube, dieser ,neue Stil‘ seiner Amtsführung, die das ruhige Wasser verwaltender Rechtschaffenheit mitsamt ihrer Langeweile und auch ihren vielen guten Seiten meidet, liegt tief in seiner Persönlichkeit begründet “

Paul Blaha Im „Kurier" über Ernst Haeus- nrmui

„Wer übrigens den endgültigen Fertigstellungstermin festgelegt hat, konnte von der Kommission nicht geklärt werden, weil hierüber voneinander abweichende Angaben gemacht wurden und eine schriftliche Unterlage hierfür nicht vorgefunden werden konnte."

„Die im Strengbergabschnitt schadenfrei gebliebenen Baulose sind nach Ansicht der Kommission eigentlich ein Beweis dafür, daß viele Fehler gemacht werden können, ohne dem Bauwerk wesentlich zu schaden.“

Aus dem Bericht der Strengbergkommission

„In einer gut funktionierenden Koalition spricht man dieselbe Sprache, aber verschiedene Dialekte.”

Vto La Malta, italienischer Politiker

„Wir müssen für Frankreich einen Stuhl freihalten und ihn von Zeit zu Zeit sorgfältig abstauben.“

Dean Acheson

„Der moderne Klassenkampf spielt sich heute auf der linken Seite der Autobahn ab."

Prof. Schach tschabel, Dekan der Wirtschaftshochschule Mannheim

„Die meisten Selbstmorde werden heute mit Gabel und Messer und mit dem Zündschlüssel verübt.“

James Mason, englischer Schauspieler

Fremdenverkehr

Das Hotel „Zurigo“ (was soviel bedeutet wie „Zürich") in Genua wirbt in der Schweiz mit einem Prospekt, in welchem unter anderem zu lesen ist:

„Zentrale Erhitzung — Mit Gesicht auf den Hafen — Dancing: Damen geschenkt.“

Das erinnert an jenes bekannte Bonmot von dem italienischen Geschäftsmann, der für seine deutschsprachigen Kunden an die Ladentür schrieb: „aiti nomito suspir“ (Heute Nachmittag gesperrt).

Enttäuschung für Robinson

Wenn der Seeboden hält und die Behörden einwilligen, werden Badelustige am Attersee in Zukunft ihren sportlichen Freuden auf einer „nierenförmigen“ künstlichen Insel nachgehen können. Der Bau kostet zwar pro Inselquadratmeter rund 800 Schilling, aber das ist immer noch billiger als der Grund am Seeufer. Die Gemeinde Schörfling ist jedenfalls gewillt, tief in die Steuerkassen zu greifen, um der sparsamen Natur in der Bucht von Kammer ein technisches Glanzlicht aufzusetzen. Sechzig Meter Durchmesser sind mindestens erforderlich, damit alle notwendigen Einrichtungen auf der Insel untergebracht werden können.

Die Einsamkeit wird Robinson dort ebensowenig erwarten wie die Ruhe. Denn die Insel liegt im „Mittelpunkt“ umfangreicher Fremdenverkehrsanlagen.

Aber vielleicht erwartet ihn ein Patent. Falls die „Insel“ nämlich Beifall findet, ist zu befürchten, daß sie bald rund um den ganzen Attersee und natürlich auch in anderen von der Natur benachteiligten Seen Nachahmung findet.' Vor dem Ausbruch eines solchen Inselreiches sollte man sich denn doch rechtzeitig schützen.

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