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Wem werden sie glauben?

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Alien, Moskau und wir. Bilanz nach vier Weltreisen. Von Klaus Mchnert. Deutsche Ver- lagsanstalt, Stuttgart. 433 Seiten. — Weißer Mann — toter Mann? Ostasien im Umbruch. Ein Augenzeugenbericht. Von Erich Kern. Verlag Weisermühl, Wels und Starnberg. 379 Seiten, 87 Abb.

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Alien, Moskau und wir. Bilanz nach vier Weltreisen. Von Klaus Mchnert. Deutsche Ver- lagsanstalt, Stuttgart. 433 Seiten. — Weißer Mann — toter Mann? Ostasien im Umbruch. Ein Augenzeugenbericht. Von Erich Kern. Verlag Weisermühl, Wels und Starnberg. 379 Seiten, 87 Abb.

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Klaus Mehnert, der bekannte deutsche Publizist und Rundfunkkommentator, unternahm in den Jahren zwischen 1928 und 1955 vier Reisen um die Erde. Er verbrachte drei Jahre in Rußland, fünf Jahre in den USA und mehrere Jahre in Ostasien. Mehnert schildert knapp und packend die jüngsten Schicksale der asiatischen Völker, einschließlich Sowjetasiens und ihrer Führer, die er persönlich kennt. Er umreißt die Fragen, die den asiatischen Raum bewegen und macht die außenpolitischen Kräfte aus Washington, London und Moskau sichtbar, die auf die erwachenden, dem Sozialismus zuneigenden Völker einwirken. Mehnert kennt aber nicht nur die politischen Realitäten und die Fakten der asiatischen ZeitgeSčUfičhte, šondeHt weiß um die Gesamtheit dir gesellschaftlichen Strukturwandlung des Ostens. Die Bilanz seiner vier imposanten Weltreisen erschließt jene umwälzende Dynamik, die vor den Augen des Weißen den Aufstieg Asiens aus der Bindung an Tradition und Kolonialimperialismus in eine Epoche nationaler Selbständigkeit und moderner Wirtschaftsformen bewegt und voranschreiten läßt.

Offen tritt die Gabe Mehnerts zutage, bei der Mitteilung persönlicher Reiseerlebnisse die großen geschichtlichen und politischen Zusammenhänge nicht aus den Augen zu verlieren, sondern einprägsam werden zu lassen — und überzeugend darzustellen.

Anders liegen die Dinge bei der Frage, ob heute der weiße Mann in Asien ein toter Mann geworden ist, welche Erich Kern anschneidet und auf Grund einer abenteuerlichen, spannenden Kurzfahrt durch die südostasiatische Inselwelt beantworten zu können glaubt. Streiflichter mit historischen Einblendungen führen den Autor zu der Ansicht, daß heute der „Weiße” ein „Toter” geworden ist. Wobei er aber Amerikaner und Russen, Holländer und Briten munter in einen Topf wirft und einzig den „Djer- man” als Freund Asiens im tiefsten Sinne gelten läßt. Der erzählerische Schwung könnte sogar mitreißen, lägen nicht Ressentiments als holprige Pflastersteine am literarischen Leseweg des Buches. Gewiß — die Schilderung von Land und Leuten und Hängematten samt hübschen Spioninnen gelangen dem Autor besser, routinierter, fesselnder als Spekulationen asienpolUischer Natür. Aber Kern beschäftigt sich auch mit der „asiatischen Revolution” gegen den „Weißen an sich”, wobei der Autor die Welten des Islams, des Buddhismus und des Hinduismus auf vermutlich verlorenem Posten gegen den „Roten Drachen” besonders berücksichtigt. Hier unterläuft Kern ein bedeutender Irrtum: seine Vermutungen sind pessimistisch, sind schwarz gefärbt, weil ihn zu viele Ressentiments gegen die Hilfs- und Entwicklungsprogramme der westlichen Welt binden, so daß er deren potentielle Bedeutung gar nicht richtig in die Skala der Asienaktionen einzureihen vermag. Mehnert konzipierte in seinem Buch konstruktive Gedanken zu einer westlichen und vor allem deutschen Asienpolitik, Kern aber erschöpfte seinen Blick in die Stoßseufzer einer mahnenden Kassandra, einer Kassandra auf „Asientournee im journalistischen Auftrag” Das ist dem sonst spannend geschriebenen Reisebuch abträglich. Wollte es doch nur ein solches seinl Leider aber versucht sich der Autor in weltanschaulichen Phantasmen, die oft hart an Stimmungsnihilismus und Schwärmerei für östliche Kulte grenzen.

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