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Goethe und seine Kritiker
Von Oskar F a m b a c h. Verlag L. Ehlermann, Düsseldorf 1953. XII und 460 Seiten.
Von Oskar F a m b a c h. Verlag L. Ehlermann, Düsseldorf 1953. XII und 460 Seiten.
Der Untertitel: „Die wesentlichsten Rezensionen aus der periodischen Literatur seiner Zeit, begleitet von Goethes eigenen und seiner Freunde Aeußerun-gen zu deren Gehalt. In Einzeldarstellungen, mit einem Anhang: Bibliographie der Goethe-Kritik bis zu Goethes Tod“ kennzeichnet Umfang, Absicht und Bedeutung des Werkes.
Wesentlich: das heißt also keine Fortsetzung des Bruchstück gebliebenen Buches von Julius W. Braun („Goethe im Urteile seiner Zeitgenossen“ Berlin 1883 bis 1885); Goethes eigene und die Ansichten seiner Freunde, das heißt: unmittelbare Wirksamkeit auf deren Zeit, Hall unid Widerhall; 1832 als Abschluß schließlich, bedeutet die Einsicht, daß ein Lexikon in Großformat nötig wäre, um auch nur bis zur Jahrhundertwende alle namhaften Kritiken zu sammeln, die sich mit dem Werke an sich oder mit Widergaben beschäftigen. Es handelt sich um eine kritische Sonderung; um eine Verbindung des Braunschen Buches mit Grafs Werk „Goethe über seine Dichtungen“ (Frankfurt am Main, 1901 bis 1914). Die Aufgabe Fambachs war schwierig; sie verlangte viel Selbstverleugnung; der stete Bezug auf den Dichter mußte an rein rhetorischen Spitzen, die sich etwa aus einem Buche wie Holzmanns „Aus dem Lager der Goethe-Gegner“ (Berlin 1904) ergaben, vorbeigehen. Fambach arbeitet als Wissenschaftler, nicht als Aesthet. Man merkt, daß hier die Flügel einer anderen Zeit wehen, daß hier nicht gemodelt wird. Trotz der wissenschaftlichen Strenge — siehe die Beigabe des kritischen Apparats und der Bibliographie, schon an sich eine hervorragende Leistung
— ist ein Buch herausgekommen, das jedem Freunde Goethes willkommene und nötige Ergänzung der Schriften bedeutet.
Nach der Lektüre der Kritiken, von denen man manche schon aus dem Gedächtnis verlor (wir erfahren übrigens die Namen aller Rezensenten bis auf zwei) bleibt eine mittelbare schmerzliche Empfindung: was war dieses achtzehnte Jahrhundert und das erste Drittel des folgenden für eine literarkritisch fruchtbare Zeit! Wo fänden wir heute Organe wie die Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung, wo die Heidelberger Jahrbücher, wo ein Athenäum und einen Friedrich Schlegel (man lese immer wieder seine berühmte Besprechung „Ueber Goethes Wilhelm Meister“, von der die romantische Poesie einer Epoche dadiert). Ja, man würdige Haltung und Wissen in Wilhelm von Humboldts Aufsatz (1829) oder Carlyles Worte zur „Ausgabe letzter Hand“ (1828). Aber selbst weniger Erlauchte! Kosegarten, der über den „Diwan“ schreibt
— ehrlich: wer weiß heute etwas von Kosegarten, außer dem Literaturhistoriker? Ein Mahnbild für unsere Zeit, die erschreckend arm geworden an kongenialer Kritik, am Sinn für literarische Diskussion, an Foren hiefür; man denke sich bloß ein Buch über die kritischen Stimmen 1932 und 1949: das ergäbe eine vergleichende Kulturgeschichte, die noch geschrieben werden müßte!
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