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Neue Monographien

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Hält man sich vor Augen, welch großer Personenkreis allein durch die rororo-Bildmonographien erreicht wird, könnte man —. angesichts der tatsächlich großartigen Qualität der Reihe, deren Zusammenstellung und Interpretation durch Autoren von Rang bestritten wird — versucht sein, zu glauben, daß es um unsere Geisteskultur noch nie so gut bestellt war wie gerade heute. Das ist leider nur zum Teil richtig, denn Gespräche mit Verlegern, Buchhändlern und Kunden ergaben, daß die Taschenbücher, zu denen auch die Monographien gehören, vielfach auf Vorrat gekauft und jähre-, oft jahrzehntelang gehortet werden, mit der Absicht, sie später einmal zu lesen. So edel solche Vorsätze auch sein mögen, nötigen sie uns doch, die Zahl der Käufer nicht automatisch mit der Zahl der Leser gleichzusetzen, also in unserem Kulturoptimismus nicht vorwitzig zu sein.

Eben deswegen seien Monographien, die uns erreichten, mit umsomehr Nachdruck empfohlen. „Blaise Pascal“ zum Beispiel, dargestellt von Albert Beguin, vergegenwärtigt einen vielseitigen Geist, der uns, sei es durch sein berühmtes Konversionserlebnis, sei es durch seine unerhörte Kraft zur Integration scheinbar heterogener Phänomene, heute besonders nahesteht. Der Band ist ebenso in die Hände breiter Kreise (auch jüngerer Menschen, Studenten zumal) zu wünschen wie der Band „Ignatius von Loyola“, herausgegeben und erläutert von Alain Guillermou, der es vermochte, diesen großen Heiligen, der für immer zu einer tragenden Säule der katholischen Kirche geworden ist, uns nicht nur in den Aspekten seines starken Geistes, sondern auch durch vielerlei menschliche Züge innerlich nahezubringen.

Ähnliche Vorzüge gelten in entsprechender Variation auch von dem Band „Thomas Wolfe“ (eingeleitet von Joseph Muller), in dem das schöne Wort Faulkners über Wolfe zu finden ist: ..... er war bereit. Stil, Zusammenhang, alle Regeln der Genauigkeit beiseite zu werfen, um zu versuchen, die ganze Erfahrung des menschlichen Herzens gleichsam auf die Spitze einer Nadel zu bringen“. Der Band „Lessing“ von Wolf gang Drews erfaßt Fülle des Geistes und Tragik des Lebens einer der edelsten Gestalten deutscher Dichtung und Kritik. Die Darstellung von Chris Marker über „Giraudoux“ ist einfühlsam im Sinne eines Worts von Louis Aragon über den Dichter, der ihm denkbar fern stand: „Ich glaube, ich hatte in Giraudoux Frankreich zu lieben begonnen.“ Die Biographie „Knut Hamsun“ von Martin Beheim-Schwarzbach ist ebenso sorgfältig und kenntnisreich wie jene von Hermann Stresau über „G. B. Shaw“. Geschildert von J. Rives Childs erscheint „Casanova“ in durchaus anderer Gestalt als jener, die als Wirkung billiger Publikationen im breiteren Publikum entstanden war, während Yves Bonnefoy in seiner Arbeit über „Rimbaud“ und Walter Schmiele in seiner Darstellung „Henry Miller“ die problematischen Seiten der beiden Künstler nicht wegretuschieren, wodurch die künstlerischen Aspekte nur noch größer empfunden werden.

In der Reihe der Herder-Bücherei hat N. M. Wildiers, der als einer der besten Kenner des großen, heißumstrittenen Denkers gilt, im Band „Teilhard de Chardin“ eine Darstellung geschaffen, die bei aller KüTze doch das Wort, die Teilhardschen Gedanken seien „eines der größten Abenteuer des 20. Jahrhunderts“, unterstreicht, während Gilbert Keith Chesterton in derselben Reihe mit der Schilderung der inneren Zusammenhänge des von ihm begeistert verehrten „Heiligen Franziskus von Assisi“ ein kaum zu übertreffendes Beispiel liefert, wie Heilige, von denen uns Jahrhunderte trennen, in lebendiger Darstellung in das Erlebnisfeld des modernen Menschen hereingeholt werden können. Eine zweite Erscheinung unter dem Titel „Franziskus“ stammt von Felix Timmer-mans — hier ist dem Dichter, den wir lieben, die eigene Dichtkunst durchgegangen, denn der Heilige, den er schildert, trägt typisch Timinermansche Züge — dies abgerechnet, bleibt doch ein Werk von hohem Zauber, das manchen Leser dazu bringen mag, nun auch authentische Darstellungen über das Wirken des Poverello heranzuziehen.

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