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Gastspiel und Premiere

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Im Linzer Theaterleben tut sich etwas. An zwei Abenden gastierte das Burgtheater mit Arthur Millers Drama „Der Tod des Handlungsreisenden“. Namen, wie Heinz Rühmann, Käthe Gold, Boy Gobert, ließen viele sich stundenlang um Karten zu sehr erhöhten Preisen anstellen, obwohl fast

genau vier Jahre früher das Stück hier zu einer überdurchschnittlichen Aufführung gekommen war. Kurt Fischer-Colbrie hat kurz vor seiner zum Tode führenden Erkrankung in dem Willy Loman die Rolle seines Lebens gefunden. Er arbeitete die psychologischen Feinheiten, durch die Miller das an sich uninteressante Schicksal seines Handlungsreisenden zu einer erschütternden Tragik bringt, aufs wirksamste heraus. Heinz Rühmann unterspielte weitgehend und brachte dadurch — trotz einzelner packender Momente — sich und das Spiel um einen Teil der Wirkung. Echte tragische Töne fand Käthe Gold als Linda. Nur beim „Requiem“ fiel sie durch die unzulängliche Regie Paul Hoffmanns gegen die frühere Darstellerin Elfriede Goilmann ab. Auch Erich Auer erreichte als Biff die schillernde Charakterzeichnung Sieghard Rupps nicht. Dafür zeigte Boy Gobert als Howard, daß Herzenshärte wirksamer durch menschenverachtende Kühle als durch brutale Töne ausgedrückt werden kann. Der Schlußbeifall erreichte nicht die Stärke und Herzlichkeit früherer Gastspiele des Burgtheaters in Linz.

Nach langer Pause gab es wieder eine Schauspielpremiere im großen Haus des Landestheaters. Es wird Heinrich von Kleists „Käthchen von Heilbronn“ unter der Regie von Hermann Kutscher gespielt, wenn man dessen Mißhandlung des Dramas als Regie bezeichnen kann. Nichts gegen eine moderne Inszenierung, solange sie der Substanz des Werkes gerecht wird. Kutscher aber mixt Szenen im klassischen Stil mit anderen voll wilden und einfallslosen Klamauks nach Art eines Bierulks. Die Hauptfigur ist der im Programm nicht genannte Alexander Wagner, der im Smoking jede einzelne Szene nach dem Textbuch ansagt, das Tonbandgerät, die Wind-und-Donner-Maschine auf der Bühne bedient und nebenbei verschiedene kleine Rollen liest. Dies alles im Ton, den er sich für Marceaus „Ei“ zurechtlegte. Das Drama wird in kleine und kleinste Szenchen mit unmotiviert langen Pausen zerstückelt. Nur die Disziplin des Publikums, das allerdings bei offener Bühne seinen Unwillen durch Rufe, wie „Unerhört, eine Zumutung“, zum Ausdruck brachte, ließ es zu keinem offenen Theaterskandal kommen. Wenn sich H. Kutscher auch nach Kräften bemühte, Kleist nicht zu spielen, sondern zu karikieren, erwies sich das Drama als stärker. Es kam trotz der Regie zu guten Leistungen. Dies gilt für Norbert Ecker als Graf von Strahl sowie Mario Haindorf als Waffenschmied. Besonders hoch ist es Elfriede

Ramhapp als Käthchen anzurechnen, daß all das störende Getue ihr reifes, eindrucksvolles Spiel nicht stören konnte. Gute Leistungen boten ferner die Damen Jenisch, Goilmann, Halovanic und Manhardt sowie die Herren Burger, Just, Kucera und Elias. Herr Kutscher zog es vor, sich am Schluß des Stückes nicht zu zeigen.

Nur registriert sei, daß Linz nunmehr auch ein Zimmertheater als Studiobühne in der von der „Furche“ unlängst erwähnten modernen Galerie Bejvl besitzt. Unter der Leitung von Wilhelm Koller wurde es mit Samuel Becketts „Da 1 e t z t e B a n d“, das erst wenige Male im deutschen Sprachraum aufgeführt wurde, sowie mit Jean Cocteaus „Die geliebte Stimme“ eröffnet. Die Darsteller der Einpersonenstücke, Adolf Laimböck und Sieglinde Ziegler, wurden den gestellten Anforderungen in Sprache und Ausdruck gerecht.

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