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Bisweilen kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, daß jeder, der nicht bedingungslos für die EG ist, als von Zukunftsängsten getriebener Travnicek angesehen wird. Dabei sind es häufig ausbleibende Antworten auf Fragen, die Genaueres über die kommende Entwicklung erkunden wollen.

Natürlich ist der Beitritt Österreichs zu einem größeren Wirtschaftsraum zum Teil als Nachvollzug der längst erfolgten Intemationalisierung vr>n Kapital und Wirtschaft zu sehen. Während der letzten dreißig Jahre hat sich der Welthandel verzehnfacht, die Industrieproduktion versiebenfacht und die Kapitalströme sind angeblich zwanzig bis fünzig mal höher als der Wert des Güterhandels. Ganz genau werden die Transaktionen nicht bekannt gegeben. Da kann ein kleines Land wie Österreich nicht abseits stehen. Daran gibt es keinen Zweifel. Doch wie verträgt sich diese Vernetzung mit der demokratischen Kontrolle? Tatsache ist, daß die Nicht-mitgliedschaft unseres Landes in der EG nichts von der Schärfe der Internationalisierungsaus Wirkungen nimmt.

Die Idee des Binnenmarktes, also die Realisierung der vier Freiheiten des Waren-, Kapital-, Dienstleistungsund Personenverkehrs hat grundsätzlich etwas Faszinierendes an sich. Ein schrankenloses Europa. Und doch schleicht sich Unbehagen ein. Häufig wird bloß von Millionen von Verbrauchern gesprochen, die zu einem grenzenlosen Markt zusammengeschlossen werden. Ist das wirklich das Grundsätzliche, was sich Menschen von einem offenen, neuen Europa erwartet haben?

Wo ist die Diskussion über die

Beschränktheit der nicht erneuerbaren Ressourcen hingekommen, die lange Zeit parallel zu den Überlegungen über ein einiges Europa geführt worden ist? Wächst nicht vor unser aller Augen eine Megastruktur, die auf der Vernichtung aller ökologischen Bedingungen aufbaut? Wird nicht durch die EG der Rest der Welt, der sich abseits des Märkte- und Machtdreiecks Westeuropa/Nordamerika/Asien mit ihren dominierenden Kernen Deutschland/USA/Japan bildet, ausgeschlossen oder zumindest weiter marginalisiert? Kann es wirklich angehen, daß Menschen in diesem Dreieck weiter die Ozeane vergiften, Ozonlöcher reißen, durch ihre Wirtschaftspolitik maßgeblich an der Vernichtung der Regenwälder, des Wassers, der Luft beteiligt sind?

Viele Fragen, kaum Antworten

Die Antworten der EG auf die globalen ökologischen Fragen kommen zögernd und sind meist dürr. Vergegenwärtigt man sich die mühseligen EntScheidungsprozesse über einzelne technisch machbare umweltschonende Verbesserungen am Automobilsektor, dann kann einen das Unbehagen beschleichen: Wie lange wird es dauern, bis sich die sogenannte Umweltspirale nach oben dreht?

Viel weniger weltbewegend sind Themen wie die Entwicklung der österreichischen Bundesverfassung. Wenn schon der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt die Auffassung vertritt, daß durch einen Beitritt Österreichs zur EG das bundesstaatliche und das demokratische Prinzip und „möglicherweise... das rechtsstaatliche Prinzip... zum Teil maßgeblich berührt werden", dann muß man kein ängstlicher Travnicek sein, um sich gediegenere Informationen zu wünschen, um im Bedarfsfall begründet ja oder nein sagen zu können.

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