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Beten - neu entdeckt

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Neue Publikationen bemühen sich, die Schätze der Gebetserfahrungen vergangener Zeiten wieder zu heben. Es ist kein Zufall, daß gerade Josef Dirnbeck deutsche Nachdichtungen der „Hymnen der Kirche“ verfaßt. Dirnbeck ist bekannt geworden durch seine zeitnahen Gebete. Das Buch „Ich begann zu beten“, das ihn neben Martin Gutl zum Autor hat, erschien 1977 bereits in 4. Auflage - die erste war 1973 erschienen. Der Erfolg

dieses Buches ist gerechtfertigt, es werden darin keine Gebetsschablonen erstellt, es werden Anregungen gegeben, Denkanstöße, in diesem Stü selbst weiter zu beten, die Problematik des Lebens heute vor Gott zu tragen.

Warum Dirnbeck sich in seinem neuen Werk damit abgibt, „statt selber zu dichten, fremde Texte nachzudichten“ erklärt er im Nachwort zu den „Hymnen der Kirche“: „Ich sehe die Hymnen als religiöse Dichtungen, die sich bewährt haben, und die es wert Sind, aufbewahrt zu werden“, denn, „wer in arroganter Attitüde meint, die Tradition als etwas Verstaubtes, Überholtes und längst Erledigtes mißachten und ablehnen zu dürfen, wird sich früher oder später bei seiner Armut überraschen.“ Dirnbeck verbindet eine profunde Kenntnis der lateinischen Sprache mit eigenwilliger Beherrschung des Ausdrucks der Gegenwart, die Sprachspiele des Originals baut er gekonnt weiter aus, so in den Improperien des Karfreitags; „Popule meus!“

„Ich hob' für dich Wunder gewirkt -und du fügst mir Wunden zu! Ich hab' den Pharao im Roten Meer versenkt -Und du versinkst in der Verrohung! Ich ' hab' für dich das Meer aufgerissen -und du bringst mich vor den Richter!“

So klingen die-Hymnen vertraut und neuartig zugleich. Der Gesang der Jünglinge im Feuerofen wird ausgeweitet zu einem gewaltigen Lobpreis des Universums, in den alles einstimmen soll, Energie und Materie, Licht-

geschwindigkeit und Atome, Goldhamster und Kanarienvögel, Kulturen und Zivilisationen und schließlich der Feuerofen, in dem Hananja, Asaija und Michael singen. „Alles, was ist, soll einstimmen, damit alles stimmt.“

Einer der Abschnitte in Dirnbecks Hymnennachdichtungen ist Maria gewidmet, und „Mariengebete“ aus allen Jahrhunderten wurden in einer Publikation des Rex-Verlags von Heinrich M. Köster herausgegeben und von Sr. M. Lucia OCD ausgewählt. Obwohl hier die Gebete nicht frei nachgedichtet, sondern getreu übertragen sind, wirken sie nicht antiquiert, sondern überraschen durch ihre Ursprünglichkeit. Diese „Gebetserfahrungen der Marienverehrung“ reichen von Texten des Augustinus und Basilius bis zu Maximüian Kolbe und Papst Paul VI. Eine kurze Lebensbeschreibung vor jedem Gebet stellt den Verfasser vor - auch Martin LutHer ist mit einem innigen Mariengebet vertreten.

„Sie ist mir lieb, die werte Magd, und

kann ihr nicht vergessen. Lob', Ehr' und Zucht man von ihr sagt, sie hat mein Herz besessen. „.“

Keines dieser Gebete aber sieht Maria isoliert, überall ist der große Zusammenhang mit Christus zu sehen. Reinhold Schneider findet die Worte:

„Wenn sich Verlor'ne an die Mutter schmiegen, dann ist des Sohnes Herrlichkeit nicht fern.“

Hymnen und Mariengebete führen zu einem vielfach verlorengegangenen Aspekt des Betens, dem Lobpreis, in den Bitte und Dank eingebettet sind. Der Prototyp solchen Betens ist der große Hymnus der Ostkirche an die Gqttesmutter, der Hymnos Akatfistos, der auch bei uns immer mehr an Beliebtheit zunimmt. Der Christiana-Verlag gibt ihn in neuer Ubersetzung in einem schmalen Bädchen heraus. Wer sich von ihm zum Beten anleiten läßt, steht in der großen Tradition christlichen Betens.

ICH BEGANN ZU BETEN. Von Josef Dirnbeck'und Martin Gutl. Verlag Styria, Graz, Wien, Köln, 4. Auflage 1977; 109 Seiten, öS 50,-.

HYMNEN DER KIRCHE. Lateinische Texte und deutsche Nachdichtungen. Von Josef Dirnbeck. Verlag Styria, Graz, Wien, Köln, 1978,176 Seiten, öS 178,-.

MARIENGEBETE. Gebetserfahrungen der Marienverehrung. Hg. von H. M. Köster, ausgewählt von Sr. M. Lucia OCD, Rex-Verlag, München, Lu-zern, 1978, 129 Seiten, öS 166,30.

DIE SELIGPREISUNG DER GOTTESMUTTER. Hymnos Akathistos. Uber setzt von Prior J. Siegen. Christiana-Verlag Stein a. Rhein, 1977, 16 Seiten, öS 18,-.

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