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Bildung wird zur Lebenshilfe

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Die Bildungspolitik einiger Länder bedient sich entschlossen der Möglichkeiten, die das Lernen vom Bildschirm bietet. Frankreich baut ein eigenes Bildungsfernsehen auf.

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Die Bildungspolitik einiger Länder bedient sich entschlossen der Möglichkeiten, die das Lernen vom Bildschirm bietet. Frankreich baut ein eigenes Bildungsfernsehen auf.

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Das Bildungswesen in Österreich ist allzu zentralisiert. Schüler und Studenten können eine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung nur in den städtischen Ballungszentren und Zentralorten erhalten. Der Präsident des Österreichischen Akademikerbundes und Wissenschaftssprecher der Volkspartei, Universitätsprofessor Christian Brünner, hat dies wiederholt kritisiert, denn dadurch werde der Zugang zum Bildungsangebot auf höherer Stufe für breite Kreise - für die Landbevölkerung, für Hausfrauen, für Berufstätige - wesentlich erschwert.

Frankreich will dieser Problematik jetzt durch den Aufbau eines Bildungsfernsehens begegnen. Es ist ein ehrgeiziges Projekt, das nicht müder Allgemeinbildung, sondern auch der besseren beruflichen Qualifikation und damit dem Kampf gegen die strukturelle Arbeitslosigkeit zugutekommen und mit erheblichen öffentlichen und privaten Geldmitteln finanziert werden soll. Man will sich dabei des vom deutsch-französischen Kulturprogramm Arte erst ab den Abendstunden belegten Fernsehkanals bedienen, für Bildungsprogramme während des Tages. Der Programmbetrieb soll im Herbst 1994 aufgenommen werden.

In Osterreich ist man aufgrund der Erfahrungen des ORF freilich andere Wege gegangen. Das frühere Schulfernsehen wurde wegen völlig unbefriedigender Inanspruchnahme aufgegeben; statt dessen hat man sich ganz auf populärwissenschaftliche Sendungen verlegt (Universum, Wissen spezial und so weiter), die vor allem Themen aus den Naturwissenschaften sowie aus Geschichte und Geographie (im Nachtstudio auch Gesellschaftspolitik) behandeln und beim Fernsehpublikum gut ankommen.

Dem Hinweis auf das französische Projekt hält man entgegen, daß dort weit größere Geldmittel und volle Programmtage zur Verfügung stehen.

Beim ORF werden der Wissenschaft und Bildung Sendezeiten am Nachmittag oder am späten Abend eingeräumt; für diese Zeiten mit zwangsläufig geringeren Einschaltziffern sind Fernsehproduktionen oft zu teuer; für das Hauptabendprogramm eignen sich nur wenige (Ausnahmen: Universum, Österreich I und II).

Bildungsprogramme, die von Fernsehanstalten ausgestrahlt werden, können alle interessierten Zuschauer, wo immer sie wohnen, unmittelbar erreichen. Sie machen die Lernenden durch die Möglichkeit der Video-Aufzeichnung zeitlich unabhängig, tragen auch der Forderung nach lebenslangem Lernen Rechnung. Die Finanzierungsfrage kann zum Problem werden, ist aber, wie das Ausland zeigt, lösbar.

Der Vorteil der räumlichen und zeitlichen Unabhängigkeit beim Lernen vom Bildschirm kann freilich auch auf dem Umweg von Videotheken genützt werden. Das geschieht jedoch im österreichischen Bildungswesen erst ansatzweise. Immerhin erfüllt die Verwendung von Kassetten im Schulunterricht zwei für die Lernbereitschaft und den

Lernerfolg wesentliche Bedingungen, die bei der Fernsehausstrahlung fehlen: den Kontakt mit dem Lehrer, somit die Möglichkeit des Eingehens auf den einzelnen Schüler, und die Aussicht auf einen nachgewiesenen Abschluß.

Video-Kassetten, die das Unterrichtsministerium bereitstellt, werden in manchen österreichischen Schulen, vorwiegend AHS, schon sehr bewußt als Lernhilfen eingesetzt, etwa im wirtschaftswissenschaftlichen und im Geographieunterricht. Den Lehrern geht es dabei besonders um die anschließende Aufarbeitung der gezeigten Dokumentationen.

Der didaktische und zugleich filmische Qualitätsanspruch wird bei den Kassetten nicht immer erreicht. Die Filme sollten nicht zu lang sein (keineswegs über 20 Minuten). Ein verstärkter, aber gezielter Einsatz dieses Lernmediums wird als zweckmäßig angesehen.

Auch in den Fachakademien der Wirtschaftskammer, wo Lehrabsolventen mit etwas Berufspraxis in Abendkursen ihre Fachausbildung bis zur Hochschulreife vertiefen können, werden Video-Kassetten zur Erläuterung bestimmter Vorgänge und Verhaltensweisen eingesetzt, jedoch nur zur gelegentlichen Unterstützung des Unterrichts.

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