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Das Gemeinsame pflegen!
Der Nationalfeiertag erinnert uns an die grundsätzliche Frage, was wir, jeder von uns, bereit sind, für unsere Republik Österreich, also für unsere Heimat und für unser Volk zu tun. Er stellt uns die Frage, ob wir die übrigen Angehörigen unseres Volkes, unsere Mitbürger also, wirklich als Mitmenschen betrachten und behandeln oder nur als solche, die eben auch da sind, vielleicht sogar sehr zu unserem Mißbehagen, wenn sie nicht unsere Auffassungen teilen.
Ich glaube, es wäre unwahr, wollte ich sagen, daß wir seit unserem letzten Nationalfeiertag im Jahre 1977 näher zueinanderge-rückt seien, daß wir mehr Verständnis füreinander gewonnen hätten. Es hat Wochen gegeben, wo in jedem, dem eine glückliche demokratische Entwicklung unserer Republik am Herzen liegt, bange Sorge aufgekommen ist und gar manche von uns sich zu Recht die Frage stellten, ob wir denn am Wege seien, die Lehren unserer eigenen Geschichte, also unsere eigene Lebenserfahrung, zu vergessen.
Das Jahr bis zum nächsten Nationalfeiertag wird ein Prüfstein der Echtheit unserer demokratischen Gesinnung sein. Eine Volksabstim-
mung unmittelbar vor uns, Landtagswahlen und die Nationalratswahl im Jahre 1979 sorgen für heftige Emotionen und Auseinandersetzungen.
Als Bundespräsident steht mir nicht das Recht zu, Sie zu beeinflussen, wie Sie abstimmen oder wen Sie wählen sollen. Aber ich habe das Recht und die verfassungsmäßige Pflicht, eindringlich zu bitten und zu mahnen, daß in der Auseinandersetzung das Gemeinsame noch erkennbar bleibe. Die Demokratie ist nicht nur eine formale staatsrechtliche Qualifikation unserer Republik, sie ist auch eine besondere Lebensform, die das Leben schöner und menschenwürdiger macht. Sie legt aber auch Pflichten auf, Pflichten für jeden.
Alle, die wir Staatsbürger Österreichs sind, haben eine Verantwortung für unsere Republik. Zusätzlich, bedenken wir: auf Österreich schauen mehr Menschen, als wir gemeiniglich annehmen! Diese in ihrer Hoffnung auf die Möglichkeit einer wirklich gelebten Demokratie zu enttäuschen, schiene mir grausam und würde auch nicht ohne Konsequenzen für uns selbst bleiben.
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