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Das „Jahr des Kindes“ - was ist aus ihm geworden?

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„Wenn die Jugend in einer Zeit ohne Ideale dasteht, dann erleben wir ein Jahrhundertende, gleichviel wie die Jahreszahl lauten möge. Aber wenn die Jugend mit dem Gefühl dasteht, große Aufgaben zu haben, dann beginnt ein neues Jahrhundert.“ Dies erklärte die schwedische Schriftstellerin Ellen Key bereits 1900 in ihrem Beitrag zum „Jahrhundert des Kindes“. 79 Jahre später sind Eltern und Erzieher mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Vom „Jahrhundert des Kindes“ ist offenbar nichts übriggeblieben. Und vom „Jahr des Kindes“ - wie sieht die Lage 1979 aus?

Die Bundesregierung veranstaltete einen Festakt, die Post gab eine heute schon nicht mehr erhältliche Briefmarke aus. Sonst ist, selbst wenn man den Familienbericht miteinbeziehen kann, zum „Jahr des Kindes“ fast gar nichts geschehen, betont Walter Schneider-Schwarzbauer, der Sprecher der Katholischen Jungschar Österreichs.

Die Lage der Kinder wird durch Proklamationen allein nicht verbessert. Wie soll man dann in diesem „Jahr des Kindes“ den Kindern helfen, wenn man kaum wirklich weiß, welche. Probleme Kinder haben? Sollten ihre Anliegen nicht wesentlich tiefer analysiert werden?

Die katholische und die evangeli sche Kirche werden sich daher bei der Enquete „Kinder, Christen, Staatsbürger“ vom 26. bis 28. Oktober in Salzburg mit den Problemen der Kinder auseinandersetzen. Schneider-Schwarzbauer hofft, daß damit ein Beginn gesetzt werden kann, die Lage der Kinder zu verbessern. In acht Arbeitskreisen werden u. a. die Themen Kind und Medien, Kind und Religion, Kind und Gesell-

schäft, Kind und Schule, Kind und Familie behandelt.

Wenn sich Eltern nicht darüber im klaren sind, wieviel Taschengeld sie ihren Kindern geben sollen, oder wenn sich Politiker um den Bau von Kinderspielplätzen streiten, dann ist den Kindern damit noch nicht geholfen. Diese Probleme sind wichtig genug, um sie ernst zu nehmen, aber es sind nicht die Sorgen der Kinder.

Seelische Verwahrlosung und materielle Überfütterung - davon sind die meisten geprägt. Man „leistet“ sich Kinder und finanziert sie, statt sie zu erziehen. Von Idealen wird nicht gesprochen; sie haben keinen Wert, sie kann man nicht „besitzen“ wie zwei Wohnungen, drei Autos + ein Kind.

„Jahr des Kindes“ - es liegt auch an Eltern und Erziehern, was sie daraus machen. Bringen sie genügend Verständnis für die Kinder auf? Schneider-Schwarzbauer verteidigt die Eltern: Sie werden von ihrer Umwelt geprägt. Prestige bedeutet ihnen oft mehr, als ihren Kindern zuliebe auf etwas zu verzichten. Viele Eltern sind zu schwach, um sich zuzugestehen, daß die Kinder Vorrang haben sollten. Der Vertreter der Katholischen Jungschar fordert: Junge Mädchen und Burschen sollten bereits in der Schule auf das Elternsein vorbereitet werden.

Die Enquete soll einen Höhepunkt im „Jahr des Kindes“ setzen. In den Pfarren sind diese Probleme diskutiert worden, und in Salzburg soll im Gespräch versucht werden, sie zu lösen. Dann wird es darauf ankommen, wie diese Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt werden. Organisationen können die Probleme nicht alleine lösen. „Wir müssen alle Zusammenhalten, um eine Veränderung herbeizuführen“, meint Schneider- Schwarzbauer.

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