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Das Unmögliche möglich machen

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Wirtschaftspolitik ist nur dann auf kurze Sicht richtig, wenn sie langfristig solid ist. Die budgetpolitische Zielvorstellung '82 hat nicht einmal zwei Wochen überlebt.

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Wirtschaftspolitik ist nur dann auf kurze Sicht richtig, wenn sie langfristig solid ist. Die budgetpolitische Zielvorstellung '82 hat nicht einmal zwei Wochen überlebt.

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Mit einem Mitte Jänner beschlossenen Beschäftigungsprogramm läßt sich die Winterarbeitslosigkeit nicht bekämpfen. Ein solches Bauprogramm für Fertigteilwohnungen und für stählerne Großprojekte nach der Art des UN-Kongreßzentrums zündet frühestens ein halbes Jahr später und auch dann nicht als Feuer unter dem Kessel der Volkswirtschaft, sondern wie ein Feuerwerk, das mit teurem Schein verpufft.

Weder Notenbankpräsident Stephan Koren noch Finanzminister Herbert S aicher können Kreiskys wirtschaftspolitischen Plänen Rationalität und Effizienz abgewinnen. Koren hält „außergewöhnliche konjunkturstützende Maßnahmen nicht für sinnvoll", zumal sie kaum noch zu finanzieren sind und überdies den für das zweite Halbjahr erhofften sachten Aufschwung mit höheren Inflationsraten belasten würden.

Und der Finanzminister beklagt die „leider kurzfristig wirksamen arbeitsplatzvermehrenden Maßnahmen - wie die jetzt geplanten —, obwohl mittelfristig gesehen strukturverändernde Maßnahmen sehr viel zielführender wären".

Noch vor einem halben Jahr hielten Koren und Salcher Budgetdefizite von 65 und mehr Milliarden Schilling für unfinanzierbar, nun aber sollen beide das Unmögliche möglich machen.

Bislang brachten ähnliche Beschäftigungsprogramme nur enttäuschende Ergebnisse. Die mit teuren Krediten finanzierten öffentlichen Investitionen im Rezessionsjahr 1974/75 belasten heute noch die österreichische Volkswirtschaft, obwohl damals damit kein zusätzlicher dauerhafter Arbeitsplatz geschaffen wurde, sondern strukturell gefährdete Arbeitsplätze zementiert wurden.

Seinerzeit führte das wirtschaftspolitische Krisenprogramm der Bundesregierung zu deutlich überhöhten Lohnforderungen der Gewerkschaften (1975

schrumpfte das Sozialprodukt um zwei Prozent, während das Lohnniveau um acht Prozent stieg), die in der Folgezeit die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft auf den in- und ausländischen Märkten arg beeinträchtigt haben.

Die Beschäftigungswirkungen im sozialen Fertigteilbau sind relativ gering, viel geringer jedenfalls als die arbeitsplatzschaffenden und größtenteils privat finanzierten Investitionen in der Stadterneuerung. Nachgerade verschwindend gering sind aber die Beschäftigungswirkungen von Investitionen in stählerne Großbauten.

Hoch sind dagegen die Folgekosten solcher Projekte, die auf Jahre und Generationen hinaus den Finanzierungsspielraum für weitere Investitionen erheblich einschränken. Für das UN-Kongreßzentrum werden diese Folgekosten jährlich auf zumindest 300 Millionen Schilling geschätzt; eine optimistische Angabe, wenn man berücksichtigt, daß die Schätzungen für die jährlichen Betriebskosten des AKH-Mon-sters zwischen drei und fünf Milliarden Schilling schwanken.

Wie problematisch es ist, aktuelle Beschäftigungsschwierigkeiten durch massive öffentliche Investitionsprogramme zu überwinden, zeigen Vergleiche von Investitionsausgaben je zusätzlichen Arbeitsplatz in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Bereich:

Während in der Industrie mit rund einer Million Schilling ein einigermaßen dauerhafter Arbeitsplatz geschaffen werden kann, wird dieser Wert bei der Errichtung des UN-Kongreßzentrums um etwa das Zweieinhalbfache übertroffen. Diese Arbeitsplätze sind nur für einen Zeitraum von etwa drei Jahren stabil und mit hohen Folgekosten belastet.

Wenn also die Regierung vorrangig die Vollbeschäftigung im Auge hat, kann sie durch die Förderung privater Investitionen vergleichsweise wesentlich größere Effekte erzielen als mit kre-dit- und steuerfinanzierten öffentlichen Investitionen.

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