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„Wochenlang warteten die Leser auf die Zeitung — nun haben wir sie endlich“, heißt es in einem der Leitartikel der ersten Nummer von Moshe Dayans neuer Mittagszeitung „Hajom Haseh“ (Dieser Tag), die am 1. September zu erscheinen begann. Ob die Leser auf die Zeitung gewartet haben, ist fraglich. Die erste und zweite Nummer der Dayan-Postille waren nur ein schwacher Abklatsch der beiden bestehenden Mittagszeitungen. Schon vor Erscheinen der ersten Nummer verließ ein prominenter politischer Journalist, der als zweiter Chefredakteur dienen sollte, zusammen mit einem kleinen Korrespondentenstab die Redaktion wegen Kompetenzstreitigkeiten mit Moshe Dayan.

Während eine kleine Gruppe wenig bekannter Journalisten die Vorbereitungen zur Herausgabe der Zeitung traf, reiste Knessetmitglied und Verteidigungsminister a. D. Moshe Dayan mit seiner zweiten Frau durch Amerika und Europa. Er hielt Reden für den Israel-Fond (UJA), um Juden zu Geldspenden für Israel anzuspornen. In letzter Minute ernannte er einen neuen zweiten Chefredakteur, der ihm zur Seite stehen sollte. Als die Zeitung dann auf die Straße kam, hatte der Berg eine Maus geboren.

Moshe Dayan ist schwer kalkulierbar. Bis zum Jom-Kippur-Krieg war er der Mann, der stolz erklärte, er warte auf ein Telephongespräöh von König Hussein. In der Zwischenzeit suchte er Tatsachen zu schaffen, die die israelische Okkupation in eine Annexion verwandeln konnten. Der Jom-Kippur-Krieg machte ihm einen

Strich -durch die Rechnung, nun änderte Dayan auf Anhieb seine Ansichten.

Nach dem Krieg war es Dayan, der innerhalb der Regierung Druck ausübte, Feuereinstellungsabkommen mit Ägypten und Syrien abzuschließen. Als jedoch die Regierung Rabbi das Interimsabkommen (Zwi-schenabkommen) mit Ägypten ohne Dayan unterzeichnete, wetterte er mit der rechten Opposition wieder dagegen, erklärte, Israel habe seinen Trumpf verspielt, habe den Judenstaat für einen Spottpreis verkauft, Ägypten wäre auch zu einer Beendigung des Krieges bereit gewesen. Er war das einzige Arbeiterparteimitglied, das gegen das Abkommen stimmte. Danach war es lange ruhig um Dayan. Die Kontakte mit der rechten Opposition brach er ab. Dafür schrieb er seine Memoiren für das vergleichsweise bescheidene Autorenhonorar von einer halben Million Dollar. Doch in den letzten Wochen begann er sein Comeback vorzubereiten. In einem Jahr finden Parlamentswahlen statt.

Dayan ist heute im Prinzip für territoriale Verzichte, doch auch für eine massive Ansiedlung in allen besetzten Gebieten — denn dies ist im Judenstaat populär. In Interviews erklärte er, allein eine UNO-Truppe, bestehend aus russischen und amerikanischen Soldaten, könne den Frieden im Nahen Osten wahren. Ministerpräsident Rabin, der auch an die Wahlen denkt, antwortete wütend: „Wer braucht hier die Russen, sie bringen uns nur Tod und Verderben.“

Nun spielt der ehemalige Verteidigungsminister den Chefredakteur einer Zeitung, die sich an Springers „Bild“ orientiert. Jedenfalls ist er der einzige Chefredakteur Israels, der zwei Leibwächter hat. Die Sicherheitsbeihörden sind auch heute noch der Meinung, daß er als ehemaliger Verteidigungsminister, der verantwortlich für die Okkupation von Westjoräanien und für die Opfer des Jom-Kippur-Krieges war, gefährdet ist. In seiner Freizeit besucht Dayan arabische Freunde in den besetzten Gebieten. „Egal, wie der Bürgerkrieg im Libanon ausgehen wird, nur die Palästinenser und Israelis zusammen können hier Ruhe schaffen“, sagt er zu jedem, der es hören will.

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