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Die Causa Strauß

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Was ich am österreichischen Journalismus immer so neidvoll bewundere, das ist zum einen die unglaubliche Geduld der Leser und zum anderen die unheimliche Ausdauer der Kollegen.

Vier Jahre Berichterstattung zum Thema Kreisky-Androsch, drei Jahre AKH-Skandal, zwei Jahre WBO-Affäre, ein Jahr Konferenzzentrum. Das ist ein schönes Arbeiten: man hat lange den gleichen Strudelteig und den walzt man nach allen Richtungen so lange auseinander bis die Gefahr droht, daß man durchblicken kann. Dann knetet man alles wieder durch und walzt von vorne.

Aber wir Deutschen sind ja bekanntlich sehr ehrgeizig und holen auf. Der Durchbruch ist den politischen Reportern in Deutschland nun gelungen. Man kann sicher sein, daß bei uns wenigstens ein Thema gleich bleibt.

Es geht dabei um die politischen Ambitionen des bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef oder — wie man hier in gut österreichischem Latein sagen würde: um „die Causa Strauß".

Der politische Tatbestand ist im Kern schnell erklärt. Die ewige Frage „Geht Strauß nach Bonn oder nicht?" kann von mir — ohne mich des Landesverrats schuldig zu machen — verbindlich beantwortet werden: erstens er geht nach Bonn, wenn er dort Bundeskanzler werden kann, was er eigentlich für das dringlichste politische Anliegen hält. Aber Helmut Kohl ist eben ein ,Jßordssitzer".

Zweitens geht Strauß in der uns Bayern angeborenen Bescheidenheit auch dann nach Bonn, wenn er dort Vizekanzler und/oder Außenminister werden kann. Schließlich hat er ja schon einmal gesagt, es sei ihm wurscht, wer unter ihm Kanzler sei. Sicher ist nur, daß ihn kein anderer Posten im Kabinett interessiert, schon gar nicht irgendeiner.

Jeder weiß, daß es nur um zwei Sitze geht, die erst durch beständiges Feuer unter denselben freigemacht werden müssen. Und hier können gewisse österreichische Politiker vor Neid erblassen: Strauß entwickelt dabei sehr viel inhaltliche Phantasie und spart dafür mehr bei der Loyalität.

Aber dafür hat er seinen Generalsekretär Tandler und seinen Staatssekretär Stoiber. Diese sind für Strauß völlig ungefährlich und vertrauenswürdig, denn sie haben garantiert keine eigenen politischen Ideen und sehr viel Treue. Schließlich möchten sie ja gerne noch was werden, wenn Strauß endlich weg ist. Darum haben in ihnen die deutschen Journalisten auch beständige Gesprächspartner wie Gebetsmühlen zur „Causa Strauß".

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