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Die Katholiken und die Bibel

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In der katholischen Kirche Österreichs braucht, was Bibelapostolat betrifft, nicht beim Nullpunkt begonnen werden. Bibelkreise sind weit verbreitet, biblische Fortbildungsveranstaltungen wie Bibelseminare und Bibelreisen werden stark frequentiert, es gibt ein großes Angebot an gediegener bibelwissenschaftlicher Literatur, auch allgemein verständlicher Art.

Verglichen mit der Zahl der sonntäglichen Kirchgänger ist es aber eher eine kleine Schicht unter den Katholiken, die bewußt biblische Weiterbildung oder Teilnahme an einem Bibelkreis pflegt.

Großes Medieninteresse

Für die meisten ist der einzige Ort, an dem man der Bibel begegnet, die Liturgie, wenngleich nur allzu oft die Präsentation des Gotteswortes in der Eucharistiefeier noch zu wünschen übrig läßt; auch die Predigt ist vielfach entgegen den Intentionen des II. Vatikanums noch zu wenig Auslegung der verlesenen Bibelstellen und noch zu wenig „Bibel für das Leben". Bibelkenntnis und biblische Fundierung des Glaubens wird heute im Religionsunterricht weit besser vermittelt als es früher der Fall war. Nicht wenige Studenten werden durch den an der Bibel orientierten Religionsunterricht zum Theologiestudium angeregt.

Die Initiative, ein „Jahr mit der Bibel zu begehen", ist von der Bibelgesellschaft ausgegangen, die neben der evangelischen Kirche auch die altkatholische, orthodoxe und viele

andere Kirchen und Gruppierungen zu ihren Mitgliedern zählt. Dieser Initiative der Deutschen Bibelgesellschaft hat sich auch das Katholische Bibelwerk Stuttgart angeschlossen, ebenso auch die Bibelgesellschaft und das Katholische Bibelwerk in Österreich. Ein eigentlicher Anlaß liegt nicht vor; man hält einfach den Zeitpunkt für gekommen.

Schon vor zwei Jahren hat sich in Österreich ein ökumenischer Arbeitskreis gebildet, der die Ziele für das „Jahr mit der Bibel" abgesteckt hat: Menschen, die noch keine Beziehung zur Bibel haben, soll sie nahegebracht werden. Das wird sehr stark durch die Medien geschehen, die dem Unternehmen großes Interesse entgegen-

bringen. Darüber hinaus soll „Verständnis und Liebe" zur Heiligen Schrift bei denen vertieft werden, die schon eine Beziehung zu ihr haben. Weiters sollen Christen verschiedener Traditionen motiviert werden, miteinander „Freude am Wort zu erleben" und schließlich soll gezeigt werden, daß die Bibel uns Heutigen gar nicht so fremd ist, wie viele glauben: Das Buch der Bücher hat die Kultur und das Denken unserer Gesellschaft weitgehend geprägt.

Hilfe für den Osten

Das Katholische Bibelwerk in KIo-sterneuburg hat seit vergangenem Frühjahr allen Pfarren in Österreich Anregungen wie Literaturhinweise und Ideensammlungen zugehen lassen. Das Echo zeigt, daß es den Gemeinden weniger um spektakuläre Aktionen als um den Ausbau des Vorhandenen geht: Um eine echte „Feier des Wortes" in der sonntäglichen Messe, um „mehr Bibel" in den einzelnen Gruppen, um persönliche Aneignung der Heiligen Schrift durch regelmäßige Lesung. Bibelausstellungen, Bibelsonntage und -wochen sollen auf diese Ziele ausgerichtet sein. Besonders fällt der Gedanke, Bibelausgaben und Bibelarbeit in Osteuropa zu unterstützten auf fruchtbaren Boden.

Die Besinnung auf das Wesentliche und auf das Gemeinsame könnte die Christen bewegen, die wahren Werte und den tiefsten Sinn des Lebens suchenden Menschen zu vermitteln, deren es heute nur allzu viele gibt.

Dr. Norbert W. Höslinger ist Leiter des Österreichischen Katholischen Bibelwerkes in Klosterneuburg.

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