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Die Bischöfe zur Wahl

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Rom ist zur Zeit kein Ort der Ruhe, und der Beschaulichkeit, gerade nicht für einen Bischof. In dieser letzten Woche vor dem Konzilsende hat sich für die Konzilsväter so viel zusammengedrängt, daß es verständlich ist, wenn ihre Zeit und ihr ganzes Sinnen und Trachten von den letzten Entscheidungen des Konzils okkupiert ist. Wenn sich die österreichischen Bischöfe gerade in- diesen Tagen aber veranlaßt gesehen haben, von Rom aus einen Hirtenbrief an die österreichischen Katholiken zu richten, so müssen sie von der Notwendigkeit einer Stellungnahme überzeugt gewesen sein.

Diese Stellungnahme der österreichischen Bischöfe in ihrem gemein-samen Hirtenbrief betrifft die österreichischen Wahlen. Es sind zwar noch ganze drei Monate bis zu jenem 6. März, an dem die österreichischen Wähler zu ihrer Entscheidung aufgerufen werden, aber die jüngste Entwicklung ließ die Bischöfe um die „Gefährdung des inneren Friedens“ besorgt sein. „In ernster Hirtensorge“, heißt es in dem Brief der Bischöfe, „richten wir daher an alle Verantwortlichen des öffentlichen Lebens und an alle Menschen guten Willens in Österreich den Aufruf, doch wieder dem Geist der Besonnenheit, der Verantwortung und des Friedens mm Durchbruch zu verhelfen. Politische Auseinandersetzungen dürfen nie an den Grundfesten der staatlichen Ordnung zu rütteln versuchen. Das Trennende darf niemals über das Verbindende Sieger bleiben.

Wer in Österreich hat wirklich ein Interesse, etwa die so schwer erworbene Freiheit und Unabhängigkeit unseres Staates aufs Spiel zu setzen? Wem könnte es wirklich nützen, würden wir wieder verlieren, was wir durch gemeinsame Arbeit und harte Opfer erworben haben?“

Die Bischöfe, heißt es weiter, bitten ernstlich alle Verantwortlichen, in der kommenden Wahlvorbereitung das Ansehen und die Würde der menschlichen Person zu achten und die Ehre des Mitbürgers nicht in den Schmutz zu ziehen. Am Verhalten im Wahlkampf werde sich zeigen, welche Reife sich unser Volk bereits erworben habe. Die katholischen Männer und Frauen werden von den Bischöfen aufgefordert, aktiv an der Gestaltung des öffentlichen Lebens mitzuarbeiten und es aus christlicher Haltung mit der Gesinnung der Friedfertigkeit und treuer Pflichterfüllung zu durchdringen. ,Macht deshalb in persönlicher Entscheidung vor eurem Gewissen und vor Gott Gebrauch von euren staatsbürgerlichen Rechten“, heißt es in der Erklärung der österreichischen Bischöfe, die mit dem Appell schließt, der Geist der Verständigung und des Friedens möge alle Menschen in unserer Heimat beseelen.

Dieses Wort der Bischöfe war ein Wort zur rechten Zeit. Es stellt klar, daß der Katholik in persönlicher Entscheidung vor Gott und dem Gewissen seine Wahl zu treffen habe, daß ihm diese Entscheidung niemand abnimmt. Es stellt klar, daß niemand in seinem politischen Handeln sich als Katholik berufen darf, wenn er nicht erfüllt ist vom Geist des Friedens und der Verständigung, es stellt klar, daß die Kirche bei dieser Wahl nur ein Wahlziel hat, daß Friede, Verantwortung und Besonnenheit in diesem Lande herrschen. Dies zu sagen war notwendig. Es liegt an den Katholiken, diese Worte zu beherzigen und Wahlwerbung und Wahlentscheidung nach diesen Richtlinien der Bischöfe hin zu prüfen.

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