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Ein Opfer für das Bonum Commune
Der Zölibat gehört nicht zum Wesen des katholischen Priestertums. Das steht außer Frage. Wenn aber die kirchliche Autorität mit der Zulassung zum Empfang der höheren Weihen die Verpflichtung zur Ehelosigkeit verbindet, kann man ihr dieses Recht nicht streitig machen. Es ist nicht unbedingt erforderlich, daß wir zu allem, was die Kirche verlangt, einen ausdrücklichen Befehl Christi haben.
Christus ist das unsichtbare Haupt der Kirche, die Er durch Seinen Heiligen Geist leitet. Christus hat aber Seiner Kirche auch ein sichtbares Oberhaupt gegeben in Petrus und dessen Nachfolgern, den römischen Päpsten. Christus hat auch dem ganzen Apostelkollegium, zu dem natürlich auch Petrus gehört, Gewalt und Vollmacht gegeben, in Seinem Namen die Kirche zu leiten und zu führen. Die kirchliche Autorität hat aber nicht bloß eine „polizeiliche Aufgabe“, um die Einhaltung der Gebote Gottes überwachen zu können. Sie hat vielmehr eine echte, gesetzgeberische Gewalt, das heißt, sie kann je nach den Zeitverhältnissen und Ortsbedingungen neue Gesetze zum allgemeinen Wohl der Gesamtkirche (bonum commune) erlassen.
Es herrscht großer Priestermangel. Da drängt sich leicht der Gedanke auf, wenn die Kirche die Pflichten des Priesters, speziell den Zölibat, erleichtern würde, könnten sich viel mehr junge Männer zum Priesterstand entschließen.
Aber mit dem zahlenmäßigen Wachstum des Priesterstandes allein ist der Kirche noch nicht gedient, wenn diese Priester nicht die für ihr Amt notwendige Aktionsfreiheit haben, weil sie gleichzeitig mit den Pflichten und Verantwortungen eines Familienvaters belastet sind. Einem Priester, der seit acht Jahren in der speziellen Familienseelsorge tätig ist, sei dieser Hinweis gestattet, daß auch in einem durch das Sakrament geheiligten Ehestand nicht bloß Freuden und Tröstungen gegeben werden, sondern auch ein gerütteltes Maß von Lasten und Sorgen, die einen Mann und Vater voll und ganz in Anspruch nehmen können.
Mehr als einmal hörte ich aktive Mitarbeiter des Katholischen Familienverbandes darüber Klage führen, daß sie bei ihren intensiven Bemühungen, die Familie in Kirche und Staat aufzuwerten und in der Öffentlichkeit ein familienfreundliches Klima zu schaffen, die eigene Familie irgendwie vernachlässigen müßten.
Es ist m. E. noch viel zuwenig betont worden, daß wir in der katholischen Kirche zwei ebenbürtige Standessakramente haben, nämlich die Priesterweihe und die Elternweihe! Beide Berufsstände sind für die Kirche, für das Reich Gottes, von eminenter, ja lebenswichtiger Bedeutung. Es geht darum beim Gesetz des Zölibats nicht um Geringschätzung von Ehe und Familie, wie vielfach behauptet wird. Es soll mit dem Zölibat auch keine Verachtung oder Ächtung des Fleisches und des Geschlechtsleibes zum Ausdruck gebracht werden. Eine solche schiefe Auffä&ürig wäfe unveröinßar mit dem Geheimnis der Inkarnation des Logos: Et Verbum Garo factum est!
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