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Grenzen der sozialen Sicherheit

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Gibt es für die soziale Sicherheit Grenzen, und wo sind diese zu finden? Die Antwort darauf ist parteipolitisch fixiert; entweder: die Wirtschaft sei längst überfordert, und es gehe darum, die Eigenvorsorge zu stärken; oder: auch nur der Gedanke einer Begrenzung dieses Bereiches sei ein Eingriff auf die Errungenschaften der Arbeiterschaft.

Häufig wird behauptet, soziale Sicherheit bedeute eine stets neue Aufgabe, da die gesellschaftliche Entwicklung ständig neue Probleme schaffe. Dem steht entgegen, daß sich der Bereich der sozialen Sicherheit in seinen wesentlichen Zügen schon seit Jahrzehnten nicht mehr geändert hat. Nach wie vor wird für die Risken des Arbeitslebens: Arbeitslosigkeit, Krankheit, Mutterschaft, Invalidität und Tod vorgesorgt, wozu in jüngerer Zeit noch gewisse familienpolitische Maßnahmen hinzugekommen sind. Was sich im Zeitablauf aber geändert hat, ist das Ausmaß der Leistungen und der Umfang des Versichertenkreises. Dieser wird freilich euch in absehbarer Zeit nicht mehr erweitert werden können, da er bald alle umfassen wird.

Beschränkt sich die Entwicklung der sozialen Sicherheit auf die Problematik von mehr und besser, dann stellt sich sofort die Frage nach dem Optimum. Einerseits, weil geklärt werden müßte, warum dieses Optimum noch nicht erreicht werden könnte, anderseits, weil damit auch die Grenzen der sozialen Sicherheit abgesteckt wären.

Die Hauptaufgabe der Sozialversicherung besteht in der Umverteilung des Einkommens. Ein Teil

der Einkommen aus selbständiger oder unselbständiger Arbeit wird abgezweigt und als Transfereinkommen den Empfängern von Sozialleistungen zugeführt. Dies kann bekanntlich zu horizontaler oder vertikaler Umverteilung führen. Die horizontale bewirkt im allgemeinen, daß, unabhängig von der Einkommenshöhe, Einkommensteile von jenen, die aus dem Arbeitsprozeß Einkommen beziehen, auf solche, die auf Grund eines Riskenfalles nicht oder nicht mehr arbeiten können, übertragen werden; die vertikale überträgt Einkommensteile von Beziehern höherer Einkommen zu solchen niedrigerer Einkommen, oder es werden diese — im Rahmen der Sozialversicherung — zum Risken-ausgleich stärker herangezogen. Auf diese Weise kann entweder innerhalb einer Gruppe umverteilt werden (etwa innerhalb der Arbeitnehmerschaft) oder von einer Gruppe zur anderen (von den Unternehmern zu den Arbeitnehmern). Die Methoden der Umverteilung spielen dabei insofern eine Rolle, als sie darüber Aufschluß geben können, welche Art der Umverteilung durch einen Zweig der sozialen Sicherheit betrieben wird. So führt das reine Versicherungsprinzip zu einer horizontalen Umverteilung, während die Finanzierung der Sozialleistungen durch Steuern mitunter zu einer vertikalen Umverteilung führen kann. Da überdies die österreichische Sozialversicherung im Wege des Umlageverfahrens (der laufende Aufwand wird aus den laufenden Beiträgen gedeckt) finanziert wird, lassen sich die Kostenträger deutlich erfassen.

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