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Ein Taschengeld für die Dritte Welt?
Jetzt kommt wieder die Zeit des Spendens. Für den „Bruder in Not“ sammelt im Advent die Katholische Männerbewegung. Bald darauf kommen die Drei Könige der Jungschar ins Haus. Wenig später ruft die Katholische Frauenbewegung zum Familienfasttag auf.
Wir greifen in die Tasche und legen einen Fünfziger, einen Hunderter ins Körbchen. Manchmal ist auch ein Blauer dabei. Es läppert sich zusammen. An die 150 bis 200 Millionen Schilling fließen so im Jahr über die kirchlichen Entwicklungs- und Missioneinrichtungen in die Dritte Welt. Ein beachtlicher Betrag, könnte man sagen, oder eine lächerliche Kleinigkeit, wenn man die Pro-Kopf-Rate von S 30,— betrachtet.
Bilden wir uns nicht allzu viel auf unsere Hilfe ein? Sicher, es wird eine Menge mit dem Geld geleistet, es wird vernünftig und sparsam verwendet, da und dort eine Verbesserung auf Dauer erreicht und vielen Armen in der Welt geholfen. Aber zufrieden sein dürfen wir damit nicht. Unser Spenden verdient noch lange nicht die Bezeichnung Teilen. Um das ginge es aber, wenn wir uns Christen nennen wollen, daß wir miteinander teilen.
Das Bild vom Kuchen, den wir unter den am Tisch sitzenden Familienmitgliedern verteilen, und den Bröseln, die wir einigen danebenstehenden Kindern anbieten, ist hier durchaus angebracht. Ich denke, daß es kaum eine Familie wirklich zusammenbrächte, dieses Bild in die Tat umzusetzen. In unserem Verhalten zu den Armen in der Dritten Welt tun wir es aber. Weil wir diesen Armennicht in die Augen sehen müssen.
Die Sache mit dem Teilen hat aber auch einen Langzeitaspekt. Wenn wir, die Industrieländer, alle nicht-regenerierbaren Ressourcen jetzt für uns beanspruchen und verbrauchen, dann wird es in absehbarer Zeit eben nichts mehr zum Teilen geben. Dazu gibt es schon ziemlich genaue Berechnungen für einzelne Rohstoffe und Energieträger. Das heißt, wir haben die Suppe schon weggelöffelt, bevor die Löffel noch an alle verteilt worden sind. Das ist, schlicht ausgedrückt, die heutige Situation in der Welt.
Die Ausrede, daß die Probleme des Ressourcen- Transfers in die Dritte Welt nicht gelöst sind, zählt nicht. Wir müssen uns eben anstrengen, auch diese Probleme zu lösen, wenn wir das Wort Gerechtigkeit nicht nur auf unsere Berufsgemeinschaft oder unser unmittelbares nachbarliches Zusammenleben anwenden wollen, sondern ihm auchweltweiten Anspruch zugestehen.
Der sorgsame Umgang mit den Dingen, die uns nicht allein gehören, sich füreinander über alle Grenzen hinweg verantwortlich wissen, das wären Tugenden, die heute in den Kardinalsrang erhoben gehörten. Einfach leben, wäre eine logische Konsequenz daraus. Eigentlich das Normale, nicht eipq Alternative.
„Und wird jetzt unser Taschengeld gekürzt?“ war die Frage unserer Kinder (12,14, 16 Jahre), als anläßlich der letzten „Gehaltsverhandlungen“ auch diese Dinge zur Sprache kamen.
Es wurde nicht. Aber ich bin dabei daraufgekommen, daß unser Beitrag, der aus dem Familienbudget in die Dritte Welt fließt - diverse Spendenaktionen, Selbstbesteuerungen und dgl. -, zusammengenommen um einiges geringer ist als die Jahressumme des Kinder-Taschengeldes. Da wäre eine Erhöhung angebracht.
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