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Emigration und kein Ende

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Gleich nach seiner Amtsübernahme versprach Griechenlands Premier Karamanlis, „alle Griechen im Exil“ sollten so schnell wie möglich repatriiert werden. Seine Äußerung bezog sich allerdings nicht nur auf jene, die vor Papadopoulos reißaus genommen hatten, sondern auch auf die griechischen Kommunisten, die nach dem Aufstand von 1949 zum Großteil hinter den „Eisernen Vorhang geflohen waren, nach Bulgarien, Rumänien, aber auch in die Tschechoslowakei.

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Gleich nach seiner Amtsübernahme versprach Griechenlands Premier Karamanlis, „alle Griechen im Exil“ sollten so schnell wie möglich repatriiert werden. Seine Äußerung bezog sich allerdings nicht nur auf jene, die vor Papadopoulos reißaus genommen hatten, sondern auch auf die griechischen Kommunisten, die nach dem Aufstand von 1949 zum Großteil hinter den „Eisernen Vorhang geflohen waren, nach Bulgarien, Rumänien, aber auch in die Tschechoslowakei.

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Nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Aufstandes flohen zehntausende Griechen, darunter viele Kinder und Jugendliche, die ihre Eltern während der Kämpfe verloren hatten, in kommunistische Staaten, wo man ihnen vorerst einen herzlichen Empfang bereitete. Etliche tausend gelangten auch in die CSSR. Die meisten von ihnen wurden vom damaligen Prager Regime in Gebieten angesiedelt, die seit der Vertreibung der deutschen Siedler unter BevölkerungsimangeJj litten,

der CSSR wurde ausführlich über Rückkehrmöglichkeiten gesprochen. „Nova Svoboda“ bemerkte dazu am 5. Juli 1966, in den „letzten Jahren seien etliche hundert Griechen in ihre Heimat zurückgefahren“ und „mehrere tausend wollen ihnen in den nächsten Jahren folgen“.

Über den Wunsch der Exil-Griechen, ihrer „Wahlheimat“ den Rük-ken zu kehren, hatte das Wiener KPÖ-Organ „Völksstimme“ schon vier Jahre vorher, am 19. Oktober 1962, geschrieben. Damals veröffentlichte das Blatt noch eine interessante Zusatzinformation: allein in der Stadt Brünn lebten rund 1400 Griechen.

Während des „Prager Frühlings“ begingen die griechischen Exilkommunisten einen für sie entscheidenden Fehler. Sie schlössen sich vorbehaltlos Alexander Duibcek und seinem „humanen Sozialismus“ an und verabschiedeten zuletzt auf der Plenarsitzung in Brünn noch ein entsprechendes Dokument, das von allen Basisgruppen gutgeheißen wurde. Grund genug für Gustav Husäk, um nach der Okkupation umfangreiche Säuberungen innerhalb der griechischen Exil-KP zu veran-

stalten. Wer die dabei üblichen Methoden kennt, den wundert es nicht, daß schon gegen Ende 1969 auf einer außerordentlichen Sitzung der griechischen Exil^KP „Rechtsabweichungen, anti-sowjetische Aktivitäten und Partikularismus“ auf das äußerste verdammt wurden. Während der gleichen Sitzung, die in Mährisch-Ostrau stattfand, wurden sieben Vertreter der „rechtsgerichteten Opportunisten“ aus dem ZK der Partei ausgeschlossen.

Tschechoslowakische Behörden gingen in der Folgezeit mit unnachgiebiger Härte gegen die Hellenen vor. Parteibüros wurden geschlossen, örtliche Organisationen und Zellen aufgelöst, schließlich auch das Hauptquartier. Die griechische Zeitung unterstand schärfster Zensur. Die Bank-Konten der Partei — gedacht vor allem, als Hilfsfonds für griechische Flüchtlinge — wurden von Staats wegen gesperrt.

Das Zentralkomitee der Griechischen Kommunistischen Partei im Ausland (KKE) protestierte gegen diese „ungerechtfertigten und unannehmbaren Maßnahmen“ — vergebens. Schützenhilfe leistete ihm dabei die Kommunistische Partei Italiens. Trotzdem nahmen die neuen Herren in Prag davon offiziell keine Notiz. Es war ihnen gelungen, sogar die heißblütigen griechischen Kommunisten zu „normalisieren“. Die nunmehr regime-konforme Rest-KP hielt im Jänner 1991 in Ostrau wieder ein Treffen ab, bei dem eine kommunistische Jugendliga der Griechen gegründet wurde. Im Juni des gleichen Jahres veranstaltete das ZK eine Massenveranstaltung in

Krnov, an der mähsisch-polnischen Grenze, an der nach Angaben von Radio Prag „über 3000 junge Griechen aus allen Teilen des Landes“ teilnahmen. Das war das bisher letzte Lebenszeichen der griechischen „Kolonie“ in der CSSR.

Wie sich das Schicksal dieser Menschen weiter gestalten wird, hängt jetzt vor allem vom guten Willen der tschechoslowakischen Behörden ab. Bisher hatte man die Griechen in der Hand. Kein Kommunist hätte es gewagt, in das Griechenland eines Papadopoulos oder Ioannides zurückzukehren und seinen kommunistischen „Hausarrest“ gegen ein faschistisches Zuchthaus oder den Galgen einzutauschen. Jetzt hat sich die Situation grundlegend geändert, das politische Klima in Griechenland ist liberal. Experten zweifeln jedoch, ob die griechischen Exil-Kommunisten nach 25 Jahren Emigration mit ihren unvermeidbaren Assimilationsfolgen an das Gastland noch Vertrauen in eine anhaltende politische Stabilität ihres Heimatlandes auf längere Sicht haben.

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