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Entwicklung der Akademikerbeschäftigung in Österreich

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In Österreich besteht keine Gefahr einer Akademikerarbeitslosigkeit. Bis 1985 wird auch eine stark zunehmende Zahl von Akademikern an der „Un-terakademisierung“ Österreichs im Vergleich zu anderen europäischen Ländern nichts ändern. Mit Akademikerarbeitslosigkeit ist in Österreich daher, von gewissen Anpassungsproblemen vielleicht abgesehen, nicht zu rechnen. Das sind die Hauptaussagen

einer vom WIFO im Auftrag des Bundesministeriums für soziale Verwaltung erarbeiteten Studie, die das Bundesministerium für soziale Verwaltung in einer Zusammenfassung ihrer wichtigsten Ergebnisse veröffentlicht hat.

Österreich hat im Vergleich mit anderen europäischen Ländern zu Beginn der sechziger Jahre mit 87.000 berufstätigen Akademikern noch eine sehr niedrige Akademikerquote gehabt. Sie betrug 1961 2,63% und stieg bis 1971 auf 3,06%. Zu diesem Zeitpunkt - 1970 - war die Akademikerquote in der BRD bereits auf 4% und in Schweden sogar auf 5% gestiegen.

Bis 1981 wird in Österreich ein Ansteigen der Zahl der Akademiker um weitere 22.000 erwartet. Das bedeutet gegenüber 1961 eine Zunahme um mehr als ein Drittel, was erst eine Akademikerquote von 3,5% bedeutet, einem Wert, der immer noch deutlich unter der Zahl bleibt, die die BRD schon 10 Jahre vorher erreicht hatte. Dort rechnet man zu Beginn der achtziger Jahre mit einer Akademikerquote von mehr als 5%, was selbst dann noch einmal rund die Hälfte mehr Akademiker im Verhältnis zur Wohnbevölkerung als in Österreich bedeutet, wenn die prognostizierte starke Zunahme der Akademiker eintreten sollte.

Bleibt die Zahl der Akademiker in Österreich schon im internationalen Vergleich deutlich zurück, so ergibt sich, wenn man die Akademikerzahlen vor dem Hintergrund der sich ändernden Berufssituation betrachtet, ein besonders überraschendes Phänomen. Denn da zeigt sich, daß die Berufstätigkeiten, in denen die Zahl der Akademiker größer ist als in anderen, zu Lasten anderer stark zugenommen haben. Geht man von dem Stand an Akademikern 1961 aus, müßte sich auf Grund der unterschiedlichen Entwick-

lung der einzelnen Berufsgruppen bei gleichbleibender Akademikerversorgung ein Bestand von ca. 106.000 im Jahr 1971 ergeben, so daß der tatsächliche Stand (94.808 berufstätige Akademiker) eine Verdünnung bedeutet. Prognostiziert man nach dieser Methode den Akademikerbedarf der Wirtschaft von 1981, kommt man auf einen Bedarf von 125.000 Akademikern, was einer Gesamtakademiker-

quote von 3,85% entspräche, nach anderen Varianten von 118.500, was eine Gesamtakademikerquote von 3,66% ergäbe.

Im ersten Fall würde dies einen Zusatzbedarf im Zeitraum von 1971-1981 von ca. 30.000, im zweiten Fall von 23.600 bedeuten; dem gegenüber ist ein Angebotszuwachs von ca. 22.000 zu erwarten; bei einer Entwicklung der

Akademikerbeschäftigung entsprechend dem prognostizierten Angebot würde dies ähnlich der Entwicklung von 1961-1971 eine „Verdünnung der Akademisierung bedeuten (Bedarfszahl 141.399), was angesichts des zu erwartenden Angebotes von 115.500 ebenso eine deutliche Senkung des Qualifikationsniveaus bedeutet.

Der Zunahme an Akademikern in allen Fachrichtungen außer in den

Rechts- und Staatswissenschaften und in der Veterinärmedizin zwischen 1971 und 1981, die sich auch im folgenden Jahrfünft fortsetzen dürfte, wird nach der Prognose eine starke Zunahme der. Beschäftigungsmöglichkeiten für Akademiker, vor allem in den technischen Berufen, Büro- und Verwaltungsberufen, Gesundheitsberufen und Lehrberufen gegenüberstehen.

Bei den Gesundheitsberufen jedoch verweist die Studie auf den Umstand, daß der Bedarf zu hoch geschätzt sein dürfte, da der Akademikeranteü in diesem Bereich eher sinken wird (aufgrund der Zunahme der Pflegeberufe, Laborantinnen usw.).

Alle diese Aussagen zeigen, daß in Österreich in absehbarer Zeit mit einer Akademikerarbeitslosigkeit größeren Ausmaßes nicht zu rechnen ist.

Immerhin bedeutet die Entwicklung eine Veränderung der Gesamtsituation auf dem Akademikerarbeitsmarkt und solche Veränderungen können vereinzelt zu Schwierigkeiten führen, die, auch wenn es sich dabei um Anpassungsprobleme handelt die zahlenmäßig nicht ins Gewicht fallen und vorübergehender Natur sind, bei den Betroffenen zu Unsicherheit, Enttäuschung und Problemen des Selbstverständnisses und der materiellen Versorgung führen können.

Die Arbeitsmarktverwaltung wird sich auch dieser Probleme annehmen und im Rahmen der Leistungen des Arbeitsmarktservices arbeitsuchende Akademiker und Maturanten durch Stellenwerbung unterstützen. Dazu kommen die verschiedenen Möglichkeiten der Förderungen im Bereiche der Arbeitsmarktausbildung.

Die Maturanten- und Studentenberatung wird die Ratsuchenden verstärkt darauf hinweisen, bei der Studienwahl weniger studienfachbezogen, sondern vielmehr berufsorientiert vorzugehen. Bei den Studierenden muß auch das Bewußtsein geweckt werden, daß in der künftigen Arbeitswelt mit einer verstärkten Berufsmobilität zu rechnen sein wird. Vor allem wird auch darauf hinzuweisen sein, daß Hochschulabsolventen nicht mehr im herkömmlichen Sinne mit vorgezeichneten höheren Berufslaufbahnen und Führungspositionen und vor allem mit einer privilegierten gesellschaftlichen Position rechnen können.

Eine weitere Maßnahme wird darin bestehen, über die bisherigen potentiellen Arbeitgeber hinaus auch anderen Arbeitgebern und Unternehmen die speziellen und oft vielfältigen, jedoch allgemein nicht bekannten Verwendungsmöglichkeiten akademischer Qualifikationen verschiedener, vor allem neuer Studienrichtungen nahezubringen.

Als einen ersten Schritt in dieser Richtung, der zugleich die Kampagne einleiten wird, mit der Jugendlichen und ihren Eltern bewußt gemacht werden soll, daß es sich nach wie vor lohnt, in Österreich Akademiker zu werden, haben die Bundesministerien für soziale Verwaltung und für Wissenschaft und Forschung gemeinsam eine Broschüre mit dem Titel „Akademiker in der Wirtschaft“ (Band 1: Technik und Naturwissenschaften, Band 2: Geisteswissenschaften) herausgegeben, in der versucht wird, die im Studium erworbenen Kenntnisse 'den betriebsbedingten Anforderungen gegenüberzustellen.

Diese Ubersichten mit Studien- und berufs-, bzw. arbeitsplatzbezogenen Übereinstimmungen, die nunmehr der Öffentlichkeit übergeben werden, bieten sowohl Arbeitgebern als auch arbeitsuchenden Akademikern eine praktische Hilfe bei der Lösung von Beschäftigungsproblemen.

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