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Es geht um den Menschen

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Wie sieht „Das Bild des Menschen in der Perspektive der modernen Wissenschaft" aus? Um diese Frage ging es Mitte August bei einer Konferenz, an der^lS Wissenschafter aus dem deutschen, polnischen und französischen Sprachbereich teilnahmen. Veranstalter war das Wiener „Institut für die Wissenschaften vom Menschen" (Präsident: Prälat Prof. Jozef Tischner), Gastgeber aber kein Geringerer als Papst Johannes Paul IL, denn die Tagung fand in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo statt.

Osterreich war dabei durch die Ehrenmitglieder des Instituts, Kardinal Franz König, Bürgermeister Leopold Gratz und Vizebürgermeister Erhard Busek, sowie den bekannten Biologen Prof. Rupert Riedl vertreten. Riedl war übrigens der einzige reine Naturwissenschaf ter, der französische Mathematiker Renė Thorn und der deutsche Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker sind bereits halb unter die Philosophen einzuordnen, die neben Theologen und Geisteswissenschaftem bei dieser Konferenz besonders stark vertreten waren.

Rupert Riedl berichtet: „Die Teilnehmer tagten um ein Tischgeviert in einem Marmorsaal im obersten Stockwerk des Schlosses, das hoch auf einem Hügel über der Tiefebene liegt." Der Gastgeber nahm, wie Riedl bestätigen kann, an den Gesprächen, bei denen ,4nteressante und wichtige Sachen gesagt worden sind", großen Anteil: „Der Papst ist erstaunlicherweise von früh bis abends ständig anwesend gewesen, hat aber nie eingegriffen." Johannes Paul II. soll sich auch einige Aufzeichnungen gemacht haben.

In den Pausen, wenn man in kleinen Gruppen beisammenstand, und beim Mittagessen—der Papst widmete sich dabei an jedem der drei Tage einer anderen Sprachgruppe - kamen dann sehr persönliche Gespräche mit Johannes Paul II. zustande. Rupert Riedl regte in einem solchen Gespräch an, ein päpstliches Laboratorium für naturwissenschaftliche Studien zu errichten, so wie einst ein päpstliches Observatorium geschaffen worden sei.

Ziel der Veranstaltung war, einmal alle Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Wiener Instituts an einen Tisch zu bringen und Zukunftsprogramme zu besprechen. Dabei geht es dem Institut grundsätzlich um die Verständigung von Ost und West, um das Finden einer gemeinsamen Sprache (in Wort und Bild) und um das Erkennen und Uberwinden von Krisen.

Schon diese Woche leiten die Philosophen Hans-Georg Gada-mer (Heidelberg) und Charles Taylor (Montreal) in Wien die Tagung „Vernunft und soziale Verständigung" (1.-7. September). Weitere Projekte sind „Das philosophische Werk von Jan Pa-tocka", „Metapher und Bild", „Menschenrechte in christlichtheologischem und säkularem Verständnis", „Sozialethik" sowie „Hermeneutik und Poststrukturalismus". -

Das „Institut für die Wissenschaften vom Menschen", getragen von einem wissenschaftlichen Beirat mit klangvollen Namen aus aller Welt, könnte sicher außerordentlich wichtige Impulse für die Verwirklichung der Menschenrechte, die Achtung der Menschenwürde und die Verständigung von Wissenschaft und Glauben leisten. Nüchtern betrachtet fällt aber am bisherigen Programm ein Defizit im Bereich der Naturwissenschaften und eine solche Vorliebe für Philosophie - und hier wieder für die Phänomenologie Edmund Hus-serls - auf, daß der Name des Instituts in seiner ganzen Breite noch nicht gerechtfertigt erscheint.

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