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Fest für Feinschmecker

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Umbrien, „das grüne Herz“ Italiens, verdankt diese Bezeichnung sowohl seinen Wäldern und Wasserläufen, als auch den sanft abfallenden Hügeln, die den Horizont mit einer nicht endenwollenden Reihe von Linien und Kurven begleiten. Der Liebreiz dieser Landschaft hat viel zur Inspiration des großen Heiligen von Assisi beigetragen - franziskanischer Geist, Liebe und Armut sind dem einfachen, bescheidenen Leben in der unbeschwerten, heiteren Natur eng verbunden.

Diese Region Italiens mit ihren vorgeschichtlichen, etruskischen, römischen und mittelalterlichen Wurzeln pflegt ihre kulturelle Tradition mit der Förderung auserlesener Festspiele. Vor 32 Jahren hat Spoleto mit dem „Festival der zwei Welten“ begonnen, in der Absicht eine ideelle Brücke zwischen Amerika und Italien zu schlagen

Nun ist Todi an der Reihe, das heuer zum dritten Mal mit dem „Todi Festival“ eine neue Art von Festspielen hervorbringt. Es hat sich vor allem auf unveröffentlichte Werke der italienischen Kultur spezialisiert, präsentiert aber auch ausländische Autoren und vor aUem junge Künstler. Die Verschiedenheit der Programme rechtfertigt die Existenz zweier Festivals in unmittelbarer Nähe. Außerdem sei an die Tradition der italienischen Stadtgemeinden erinnert, die, historisch unabhängig voneinander, stets in Konkurrenz miteinander standen und einen starken Lokalpatriotismus entwickelten

Der Initiator und künstlerische Leiter des „Todi Festivals“ ist Sil-vano Spada, Kunstsachverständiger und Antiquitätenhändler in Rom: „Todi ist die ideale Stadt für ein Festival, seine Kirchen, Klöster und Straßenperspektiven sind wahre Kulissen und werden erst durch die Magie der Musik und des Theaters richtig entdeckt“, erklärt er.

Mit fünfzehn Theatervorstellungen, zwanzig Konzerten, einer Film-retrospektive, zwei Ballettaufführungen und einer Reihe von Ausstellungen und Seminaren präsentiert das heurige Festival von Todi ein reichhaltiges Programm. Vom 1. bis 10. September wird das umbrische Städtchen täglich zehn Veranstaltungen anbieten, über dreißig Schauspielerinnen werden allein bei den Theateraufführungen auftreten. Laut Kulturstadtrat Mario Ercola-ni werden auch heuer wieder junge Talente, Künstler und Autoren besonders gefördert.

Bereits der Eröffnungsabend in Bramantes „Tempo deüa Consola-zione“ präsentiert ein nahezu unbekanntes Werk, das Singspiel „David und Batseba“ von Nicolö Porpo-ra - einem Lehrer Joseph Haydns und Marie Antoinettes, Silvano Spada hat die Partitur und das Textbuch des aus Todi stammenden Paolo RolÜ, eines Zeitgenossen Pie-tro Metastasios, in einen! Pariser Archiv entdeckt Bisher wurde das Werk nur einmal, um 1735, aufgeführt.

Unter dem Titel „Liebe, Erinnerung, Unendlichkeit“ liest die Schauspielerin Anna Proclemer Texte der großen italienischen Dichter von Dante bis Jacopone da Todi, es gibt Nachmittagskonzerte in dem aus dem 13. Jahrhundert stammenden Kirchlein Santa Maria in Ca-mucia, im Kreuzgang der gotischen Kirche von San Fortunato ist ein Ballett zu bewundem

Aus dem reichhaltigen Musikprogramm ist das Guitar Sinfonetta-Ensemble Ricercare zu nennen, das im Oratorium der Nunziatina „von Vivaldi bis zu den Beatles“ spielen wird und - als ein neuer Stern am Opernhimmel — die Sopranistin Aprile Millo mit einer Huldigung an Guiüetta Simionato. „Das Verhör der Gräfin Maria“ des zeitgenössischen Dichters Aldo Palazzeschi ist die letzte Uraufführung des Festivals, während auch eine Ausstellung „Die Theaterwelt von Karol Wojtyla“ zu sehen sein wird. Als Schlußvorführung findet auf dem von historischen Palazzi umgebenen Domplatz diesmal ein spanischer Ballettabend statt

Es sind Festspiele für Feinschmek-ker - nicht der mondäne Treffpunkt der römischen Gesellschaft, zu dem sich Spoleto im Laufe der Jahre entwickelt hat, sondern ein Fest unverfälschter Spontaneität

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