Drei Lauten lassen die Ewige Stadt klingen

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In Rom wurde der gigantische "Musikpark" des Stararchitekten Renzo Piano eröffnet: drei Konzertsäle, perfekte Infrastruktur und ein öffentlicher Park.

Der Legende nach war der 21. April 754 v. Chr. der Geburtstag Roms. Dieser symbolträchtige Tag war für die Eröffnung des von dem weltberühmten Architekten Renzo Piano entworfenen Musikparks in der ewigen Stadt vorgesehen - ein Event, zu dem sämtliche Kulturminister Europas und die Bürgermeister der großen Hauptstädte der Welt geladen waren und zu dem auch die österreichische Ministerin Elisabeth Gehrer eintraf.

Das Eröffnungsdatum wurde eingehalten, obwohl ein Teil der großartigen Anlage noch eine staubige Baustelle war. 1.150 Arbeiter hatten in den letzten 24 Stunden durch gearbeitet, dafür durften sie als erste in der neuen Struktur Musik hören und der Generalprobe zum Eröffnungskonzert beiwohnen.

Nach der Einweihung durch den Generalvikar des Papstes für die Diözese Rom, Kardinal Camillo Ruini, führten der Chor und das Orchester der Accademia von Santa Cecilia unter der Leitung ihres Chefdirigenten Myung-Whun Chung die Ouverture zu Rossinis "Wilhelm Tell", ein Stück des römischen, heute 98-jährigen und anwesenden Komponisten Goffredo Petrassi und das Halleluja zum "Messias" von Händel auf. Die Emotion und die neuartigen, laut Experten analytische Akustik trieben dem Architekten - und nicht nur ihm - die Tränen in die Augen. Die unzähligen Konzerte gingen den ganzen Tag hindurch bis abends, als die Camerata Salzburg Werke von Mozart und Vivaldi präsentierte, um - von großartigen Feuerwerken unterbrochen - nachts um zwei Uhr mit der Rocksängerin Patti Smith und ihrer Band zu enden.

Dieses sensationelle, unweit des Fußballstadions und des olympischen Dorfes im Norden der Stadt gelegene Auditorium erstreckt sich über ein Gebiet von 55.000 Quadratmetern. 500.000 Kubikmeter wurden verbaut, 40.000 Quadratmeter umfassen Gärten und Plätze, allein 42.000 nur Diensträume. Der größte der drei Konzertsäle fasst 2.756 Zuschauer und wird erst Ende des Jahres fertig, während der mittlere, 1.200 Plätze zählende, der eigentlich für Kammermusik gedacht ist, jetzt für die Eröffnungskonzerte genutzt wurde. Der kleinste der Säle mit 700 Plätzen ist ein richtiges Musiktheater mit der Möglichkeit eines Szenen- und Kostümwechsels. Dort werden Theater- und Ballettaufführungen stattfinden, man wird auch Opern in halbszenischer Form präsentieren können, außerdem ist darin eine Anlage für experimentelle Musik vorgesehen. Jeder der Konzertsäle verfügt über Herren- und Damengarderoben und Aufenthaltsräume für Dirigenten und Solisten.

Die drei Dächer wirken wie Resonanzböden von Saiteninstrumenten und wurden bereits "liuti" (Lauten) getauft. Es dominieren rote Backsteine und helles Kirschholz. Im halbkreisförmigen Freilichttheater für 3.000 Personen und der Terrassenpromenade sind die Böden aus römischem Travertin. Im ganzen wurden über 1.000 Oliven- und Korkbäume gepflanzt. Eine multimediale Bibliothek, Presse- und VIP-Saal, ein mehrstöckiger Parkplatz für 700 Autos sind im Fertigwerden.

70 Jahre lang hatte die Stadt nach der Zerstörung des Augusteums auf ein Auditorium gewartet, bis man sich 1993 nach vielen Polemiken endlich entschloss, einen internationalen Wettbewerb für das Projekt auszuschreiben. De geniale Architekt Piano, der unter anderem das Theater am Potsdamer Platz in Berlin, das Ircam in Paris und das Lingotto von Turin plante, präsentierte eine Struktur, die er, wie er selbst erklärt, gerne "fabbrica della musica" (Musikfabrik) genannt hätte, da er darin die größte Aufnahme- und Produktionsstätte Europas vorgesehen hat. Da diese Anlage auch als öffentlicher Park gedacht ist, wo die Römer ihre Freizeit verbringen können, mit Restaurants und Geschäften und Musikunterricht für die Kinder, nannte man sie aber "Musikpark".

Bereits 1995 mussten die Bauarbeiten abgebrochen werden, da man auf eine große römische Villa aus der dem vierten Jahrhundert v. Chr. gestoßen war. Die Pläne mussten geändert werden, dadurch erhöhten sich die Kosten sensibel. Sie beliefen sich schließlich auf 140 Millionen Euro, was Bürgermeister Walter Veltroni eine "normale Summe" nennt. Weil die archäologischen Reste in einem Museum im Foyer eingebaut sind, wurde das römische Auditorium zum einzigen der Welt, das eine altrömische Villa beherbergt.

Es werden hier hauptsächlich klassische Musik, das heißt symphonische und Kammermusik, sowie Oper und Ballett zur Aufführung kommen, aber es sind auch sämtliche anderen Richtungen wie Rock, Jazz und Pop vorgesehen. Trotzdem wird es für den Präsidenten der Accademia von Santa Cecilia, Luciano Berio, nicht leicht sein, alle Zuhörerräume täglich zu füllen. Er habe bereits Kontakte mit dem Pianisten Maurizio Pollini für Klavierkonzertzyklen und mit den Regisseuren Peter Stein und Luca Ronconi für eine Kombination von Theater und Musikaufführungen aufgenommen, erklärt er.

Rom ist um eine Sehenswürdigkeit reicher geworden.

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