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FILM

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Es dauerte gut zwei Jahrzehnte, bis sich der amerikanische Film anschickte, ein wenig rühmliches Kapitel aus der jüngeren Zeitgeschichte kritisch zu durchleuchten. Heute spricht man nur wenig von der „McCarthy-Ära”, jenem Zeitabschnitt zwischen 1947 und 1957, in dem Joseph R. McCarthy, Senator aus Wisconsin, mit seinen „schwarzen Listen” ein Kesseltreiben gegen Künstler, vorwiegend der Film- und Fernsehbranche, veranstaltete, die im Verdacht standen, Mitglieder der Kommunistischen Partei zu sein oder mit dieser zu sympathisieren. Regisseur Martin Ritt, Drehbuchautor Walter Bernstein und drei Hauptdarsteller des Films „Der Strohmann”, waren Geschädigte des berüchtigten Ausschusses zur Untersuchung unamerikanischer Umtreibereien, der eine hysterische Hexenjagd auf politisch verdächtige Künstler veranstaltete, denen die Verweigerung der Aussage Gefängnisstrafen von einem Jahr wegen „Mißachtung des Kongresses” einbringen konnte. Damals mußten Autoren, um noch Beschäftigung zu finden, unter Pseudonymen schreiben oder Strohmänner vorschieben. Eine solche Type, im Zivilleben Kassier in einem Kaffeehaus, spielt hier Amerikas derzeit wohl populärster Filmkomiker Woody Allen, der mit „Mach’s noch einmal, Sam!”, „Der Schläfer” und „Die letzte Nacht des Boris Gruschenko” auch bei uns großen Erfolg hatte. Der intellektuelle Komiker meidet diesmal jede aufdringliche Vordergründigkeit und ordnet sich mit einer sehr diskreten, menschlichen Charakterstellung einem starken Thema und einem homogenen Ensemble unter. Die noch größere Überraschung bietet der schwergewichtige Komiker Zero Mostei, der ein tragisches Opfer der „schwarzen Listen” verkörpert und ebenfalls jegliches Outrieren meidet Martin Ritt, ein Regisseur der guten Mittelklasse, hat ohne äußere Effekte und szenischen Nachdruck eine eindringliche Inszenierung geschaffen.

Daneben gibt es ein vielfältiges Unterhaltungsangebot. In erster Linie die französische Komödie „Eine schöne Bescherung”, die gallischen Esprit in die Geschichte eines Ehepaares investiert, das sein Pariser Bistro wegen des ohrenbetäubenden Lärms des nahen Flughafens aufgibt und ein Lokal in Marseille eröffnet, das durch die Hilfsbereitschaft der ahnungslosen Eigentümer zu einem Umschlagplatz für Rauschgiftschmuggel wird. Der Übergang von der bürgerlichen Idylle zur Gangsterparodie ist von schwarzem Humor getränkt, vermeidet aber geschickt die Peinlichkeit des Selbstzweck- haft-Makabren. Michel Serrault und Rosy Vatre sind die vorzüglichen Hauptdarsteller des von Jacques Besnard kurzweilig in Szene gesetzten Films.

„Die Schlacht in den Wolken” ist wegen des Themas - Verheizen junger unzureichend ausgebildeter Air-Force-Offiziere im Ersten Weltkrieg - zwar nicht dem Genre Unterhaltung zuzurechnen, doch verdrängen die Oberflächlichkeit in der Charakterzeichnung und die überreiche Einbeziehung optisch attraktiver Flugaufnahmen den tragischen Charakter.

Da ist der gleichfalls englische „Mann mit der eisernen Maske” ehrlicher. Nach Motiven des Romans von Alexander Dumas erzählt er die Geschichte des legendären Zwillingsbruders von König Ludwig XIV., der heimlich aufgezogen wurde, in der Bastille schmachtete, auf eine Insel deportiert und dort, hinter einer eisernen Maske verborgen gefangengehalten, von d’Artagnan und seinen Musketieren mit List befreit wurde, was ein Intrigen- und Verwechslungsspiel am französischen Hof auslöst. - Im traditionellen Mantel- und Degen- Stil mit viel Prunk ausgestattet, aber voll Schwung und Spannung und mit jener künstlerischen Sorgfalt gestaltet, die man beim Gros der Gattung vermißt.

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