6868345-1978_13_04.jpg
Digital In Arbeit

Frauenberger Europatage

Werbung
Werbung
Werbung

Es begann auf Grund jener menschlichen Eigenschaft, die die gesamte Politik sehr oft bestimmt: Neid. Ein Mittelschulprofessor hatte Otto Habsburg auf einer seiner ersten Reisen durch Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg zu sich und einiger seiner Freunde gebeten. Andere Freunde und seine Schüler wollten aber von einer Kontaktnahme mit Dr. Habsburg nicht ausgeschlossen werden, und daher startete Dipl.-lng. Robert Klenkhart eine großangelegte Initiative.

Heute ist das Jugendseminar „Frau-enberger Europatage“, das seit zehn Jahren alljährlich am Wochenende des Palmsonntags abgehalten wird, ein großes Ereignis - einige Kilometer außerhalb von Admont, mit einem sehr hohen Rang für die Volksbildung der steirischen Landjugend. Die Teilnehmer (heuer waren es 140) rekrutieren sich primär aus den Besuchern und Absolventen der „Höheren Bundeslehranstalt für alpenländische Landwirtschaft“ Raumberg (Irdning), weiters aus deren Familienmitgliedern und Freunden, aber auch aus jungen Leuten anderer Bundesländer. Vertreten sind die verschiedensten Berufe der

Fünfzehn- bis Fünfundzwanzigjährigen, wie Lehrling, Landwirt, Student, Angestellter und vieles mehr.

Das Ungewöhnliche dieses im Bildungshaus Frauenberg an der Enns stattfindenden Seminars ist die Konfrontation zwischen anerkannten Publizisten, Politikern und Wissenschaftern mit jungen Menschen, die normalerweise nicht leicht die Gelegenheit

haben, in diesem Kreise zusammenzutreffen und diskutieren zu können. So sprachen in den zehn Jahren neben FURCHE-Chefredakteur Felix Gamillscheg der ehemalige Chefredakteur des „Bayernkurier“, Wolfgang Horlacher, Univ.-Prof. Norbert Leser, Thomas Chaimovics, Abgeordneter Keimel, der Wirtschafts Journalist Horst Knapp und Gerulf Stix sowie jedes Jahr (meistens zur Lage Österreichs in der Weltpolitik) Otto Habsburg.

Heuer referierten Hans Mülendorfer (Gesellschaftsentwicklung und Wertsy-

steme im Europa von morgen), Manfred Dumann (Eurokommunismus) und Univ.-Prof. Wolfgang Waldstein (Christ und Europa).

Freundschaftliche Grüße aus dem mit dem Slogan „Freiheit statt Sozialismus“ für die CSU wieder einmal siegreichen Bayern überbrachte Manfred Dumann, Mitglied des bayerischen Landtages. Er forderte die Anwesen-

den zum Mut der Bürgerlichen zum Bekenntnis zu einer Idee auf: nämlich zu dem Freiheit zu sagen, was Freiheit ist, und zu dem Sozialismus zu sagen, was Sozialismus ist. Wesentlich sei gerade jetzt im Hinblick auf die kommenden Europawahlen, daß Christlich-Soziale, Konservative, Liberale und Bürgerliche (also all jene, die in ihrer Heimat „das Sagen haben“) den Kommunisten offen gegenübertreten.

Zu schaffen sei eine neue Heimat, da nur so die wirtschaftlichen, militärischen und europatypischen Probleme

zu bewältigen seien; sie heißt Europa und soll auf der kulturellen Vielfalt der europäischen Völker aufbauen.

Senator Peter Brugger (Südtiroler Volkspartei) betonte die Bedeutung überblickbarer Gemeinschaften und die „Lebensqualität“, die zur Wohlfahrt ergänzend hinzutreten müsse. Der Jugend sei zu erklären, daß sie vom Vereinten Europa nicht nur Vorteile ziehen dürfe, sondern dafür auch Opfer zu bringen habe: auch das sei ihre Aufgabe.

Otto Habsburg machte die große historische Bedeutung deutlich, die durch die Europawahlen zwischen einem Volksfronteuropa und einem christlich-demokratischen Europa gefällt werden wird. Das zu schaffende Europa, das für alle Schicksal, Zukunft und Vaterland bedeuten soll, will er als Kontinent der Freiheit mit auch in Zukunft gerechter Sozialpolitik und als christlichen Kontinent mit „großeuropäisch“ denkenden Menschen verstehen - unter Einbeziehung jener Völker, die durch die künstliche Linie von Jalta durch Nichteuropäer abgetrennt wurden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung