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Menschenrechte statt evangelikalem Zynismus

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Ungeheure Geschichten werden in den biblischen Büchern erzählt. Und ein Großteil dieser Geschichten wird schon seit mehr als 2000 Jahren mit einer gewissen Beharrlichkeit konsumiert. Haben diese Geschichten eigentlich irgendetwas verändert oder ist doch alles beim unmenschlich Alten geblieben? Da betrachtet ein superfrommer Mann einen Kruzifixus. „Das hat er für mich getan!” sagt er in einem Tonfall, den er für demütig, bescheiden und dankbar hält. Und dieser Herr weiß natürlich auch, wo die Kreuzigungsgeschichte in der Bibel steht. Und „frohgemut” geht er seines Weges. Hat er vergessen, daß dieser Christus nicht nur für ihn gelebt hat, sondern für alle Menschen? Müßte jetzt nicht alles besser, christlicher, menschlicher werden? Gewisse fromme Leute hätten diesen Christus viel lieber als ihr Privateigentum, denn: „Das hat er ja alles für mich getan!”

„Für meine unmoralische Cousine, meinen gemeinen Chef, die Sandler und den Herrn Finanzminister, die

Schwarzen und die Juden, hätt' er net sterb'n brauchen. Die sind des gar net wert.”

Für denkende Christen sind jedoch Kreuz und Auferstehung Christi zum Fundament der Menschenrechte geworden. Wer nach Christus noch die Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung aller Menschen leugnet - bis hin zum Ketzer oder Gotteslästerer - der versucht im Grunde genommen, diesen Christus noch einmal zu kreuzigen. Gerade als Konsequenz ihres Glaubens treten

Christen für den Bechtsstaat, für die Mündigkeit der Bürger. Aus Glauben treten sie für die Gewaltentrennung im staatlichen Bereich ein, obwohl manche Kirchen die Gewaltentrennung noch immer nicht im geistlichen Bereich geschafft haben. Aus Glauben sind Christen gegen Geheimpolitik und Geheimpolizei, gegen die Zensur der öffentlichen Meinung. Oder biblisch gesagt: Wer nicht bereit ist, für die Menschenrechte einzutreten, der oder die ist ganz bestimmt kein Christenmensch.

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