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Wir sind die Schauspieler
Das Drama ist einer jener Vorteile, den uns Dichtern die Religion vermittelt. In einer Welt, in der man für nichts ein Ja oder Nein kennt, in der es weder Sitten-, noch Vernunftsgesetze gibt, in der alles erlaubt ist, in der es nichts zu hoffen gibt und nichts zu verlieren, in der das Böse keine Bestrafung nach sich zieht und das Gute keine Belohnung, in einer solchen Welt gibt es kein Drama, weil es keinen Kampf gibt, und es gibt keinen Kampf, weil es nichts gibt, für das zu kämpfen sich lohnte. Aber von der christlichen Offenbarung an mit den ungeheuren, gewaltigen Ideen von Himmel und Hölle, die ebenso hoch über unserem Begreifen stehen wie der gestirnte Himmel über unserem Haupt, sind die menschlichen Handlungen, das menschliche Schicksal mit einer wunderbaren Bedeutung versehen. Wir sind imstande, unendlich Gutes und unendlich Böses zu tun. Wir haben unseren Weg zu finden, ob wir geleitet werden wie die Helden Homers durch Freunde oder unsichtbare Feinde, durch beunruhigende und unvorhergesehene Fährnisse hindurch, auf Höhen des Lichts oder zu Abgründen des Elends, oder ob wir uns verirren. Wir sind die Schauspieler ines äußerst interessanten Dramas, das von einem unendlich weisen und guten Autor geschrieben wurde in in dem wir eine entscheidend Rolle spielen, aber in dem es uns unmöglich gemacht wird, zum vornherein auch nur die unbedeutendste Lösung zu erraten. Für uns ist das Leben stets neu und stets interessant, weil wir in jedem Augenblick etwas Neues zu lernen und etwas Notwendiges auszuführen haben. Der letzte Akt ist, wie Pascal sagt, stets blutig, aber er ist auch immer herrlich, da die Religion das Drama nicht nur mitten ins Leben gestellt hat, nein, sie hat auch an sein End durch den Tod die höchste Ausdrucksform des Diamas gestellt: für jeden wahren Jünger unseres göttlichen Meisters besteht sie im O p f e r.
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