6867213-1978_08_11.jpg
Digital In Arbeit

Herzogs jüngstes Opus

Werbung
Werbung
Werbung

Unter den deutschen Filmemachern gibt es wenige, die auch in ausländischen Fachkreisen etwas gelten. Die meiste Anerkennung konnte berechtigterweise Werner Herzog erringen, speziell in französischen Cineastenzirkeln, wozu wesentlich die drei Preise beitrugen, die sein Kaspar-Hauser-Film, „Jeder für sich und Gott gegen alle“, beim Fümfestival 1975 in Cannes errang.

Mit dem Hauptdarsteller dieses Films Bruno S. wagte sich Herzog auch an sein jüngstes Opus „Stros-zek“ - ein Name, der schon die Titelfigur in Herzogs Erstlingswerk „Lebenszeichen“ markierte. Handelte es sich dort um einen in seiner Isolierung scheiternden Soldaten, so präsentiert uns der deutsche Autor-Regisseur hiereinen noch krasseren Außenseiter der Gesellschaft: einen Straßensänger, der unter Alkoholeinfluß mehrere Delikte begangen hat und nach der jüngsten Strafentlassung gleich in seiner Stammkneipe landet. Dort gibt es nun die Begegnung mit der Prostituierten Eva, die von ihren Zuhältern drangsaliert und mißhandelt wird. Mit ihr und seinem alten Wohnungsnachbarn reist Bruno S. in die USA, wo Eva bald auf Grund ihrer Sprachkenntnisse und ihres nach wie vor unkomplizierten Verhältnisses zu Männern eine Existenzgrundlage findet und dann ihre beiden Schicksalsgefährten verläßt, die nach Versteigerung ihrer Habe auf tragikomische Art scheitern.

Herzog versteht sich also nach wie vor als Anwalt von Menschen am Rande der Gesellschaft, wie er dies auch in der erschütternden Dokumentation einer Blind-Tauben in „Land des Schweigens und der Dunkelheit“ und auf ganz andere Weise in „Aguirre - der Zorn Gottes“ gezeigt hatte. Er wird dabei aber nie zum Polemiker gegen die Gesellschaft, er sieht sein Milieu und seine Figuren vielmehr I mit der kühlen Distanz einer minutiösen Deskription, was den Zugang zu den Geschöpfen seiner künstlich-künstlerischen Imagination nicht gerade erleichtert und den Beschauer leicht in einer respektvollen Reserve verharren läßt.

Denn Herzog hat, und das gereicht ihm hoch zur Ehre und wird ihm von seinen Fans auch dementsprechend honoriert, noch nie Konzessionen an einen billigen Publikumsgeschmack und leichte kommerzielle Vermarktbarkeit gemacht

So bleibt er auch hier in seinem Stil spröde, aber bewundernswert dicht in der Milieuschilderung, ob die Handlung nun in Berliner Kneipen oder in der trostlosen Zivilisationswüste von Wisconsin abrollt Herzog gelang das Kunststück, seinen Protagonisten Bruno S. - eine authentische Figur - aus dem Bereich des Grenzdebilen so weit zu lösen, daß er sich spontan und mitunter mit hintergründigem Humor mitzuteilen weiß. Auch mit dem alten Clemens Scheitz hat er einen Laien zu bewundernswerter Präsenz geführt, wobei bei beiden die künstlich wirkende Sprache ein bewußtes Stümittel ist. Mit Eva Matthes hatte er hingegen eine vitale Schauspielerin aus Faßbinders Ensemble zur Verfügung, ohne daß dies einen Stilbruch ergeben würde.

Walt Disneys Zeichenfilm „Fantasia“ aus dem Jahre 1940 liegt nun in einer Version mit Stereoton und neuem Kommentar vor. Der lobenswerte Versuch Disneys und des Stardirigenten von einst, Leopold Stokowski, auch dem breiten Kinopublikum klassische Musik mit Hilfe von zeichnerischen Illustrationen nahezubringen, bleibt nach wie vor problematisch. Denn was bei Tschaikowsky, Dukas und Strawinsky durch'adäquate Ideen und Witz besticht, gerät etwa bei Beethoven („Pastorale“) und Schubert („Ave Maria“) zu penetrantem Kitsch.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung