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Digital In Arbeit

„High"-fidel in die Firma

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William Huston, Werkschutzbe- auftragter des amerikanischen Pa- pierherstellers Boise Cascade, nimmt sich kein Blatt vor den Mund. „Man braucht Spione, um Kriege zu gewinnen", sagt er trocken, „und wir befinden uns in einem Krieg."

Was er als Krieg bezeichnet, ist der Kampf amerikanischer Unter- nehmensleitungen gegen die Rauschgift-Abhängigkeit ihrer Belegschaften. Und die ist groß. Die Unternehmervertreter in Washing- ton gehen davon aus, daß 44 Pro- zent aller Schul- oder Universitäts- abgänger, die erstmals einen Ar- beitsplatz besetzen, in den davor liegenden zwölf Monaten einmal Rauschgift genommen haben. „Es gibt wohl kaum eine Firma in den USA", urteilt Paul Leckinger von Midwest Consultants Inc. Chikago, „die kein Problem mit Süchtigen hat." Er berät und unterstützt Un- ternehmen in Sachen Rauschgift- Bekämpfung, Betreuung und Für- sorge von Süchtigen. Hunderte sol- cher Firmen gibt es inzwischen in den USA, für die diese Art Spezial- beratung zum großen Geschäft worden ist.

Die meisten US-Unternehmen, vor allem die großen Konzerne, sehen auch nur eine Möglichkeit, dem Rauschgift am Arbeitsplatz Herr zu werden: Sie beauftragen spezialisierte Firmen, Spione in allen Abteilungen zu plazieren. Die berichten dann zuverlässig, wer wann während der Arbeitszeit welche Droge genommen hat.

Diese Art Business hat in den USA bereits einen geschätzten Jahresumsatz von 250 Millionen Dollar erreicht. Dem Wachstum dieser „Überwachungs-Industrie" scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein, denn die Drogenabhängigkeit wächst. Zwischenfälle am Arbeits- platz nehmen beängstigende For- men an. Dazu drei Beispiele:

• In einem Fleischverpackungs-Be- trieb, so kürzlich auch das Magazin „Newsweek", kam es immer wie- der während der Nachtschichten zu rätselhaften Inventar-Beschädi- gungen. Die Reparaturkosten stie- gen und stiegen. Die Betriebslei- tung verzichtete auf eine betriebs- interne Untersuchung und beauf- tragte die Privatdetektei Pinker- ton. Die schleuste zwei Detektive in die Nachtschichten. Das Ergebnis: Die ganze Belegschaft nahm Ko- kain. Und wenn die Arbeiter so richtig „high" und damit in Stim- mung waren, benutzten sie die Gabelstapler als Renn- und Spiel- fahrzeuge. 20 Nachtschicht-Arbei- ter wurden fristlos entlassen.

• Bei einem schweren Eisenbahn- unglück kamen 16 Passagiere ums Leben, der Sachschaden belief sich auf rund 100 Millionen Dollar. Einzige Ursache der Katastrophe war ein Lokführer, der Marihuana geraucht hatte.

• Ein texanischer Computer-Her- steller entließ 22 Angestellte: Ihnen wurde vorgeworfen, Geheimhisse und sogar Chips gegen Drogen „verhökert" zu haben.

Der Schaden, der US-Unterneh- men wegen der Drogen-Abhängig- keit von Teilen ihrer Belegschaft entsteht, wird in Milliarden-Höhe beziffert. Allein, so scheint es, werden die Unternehmen der Sucht nicht Herr. Deshalb der Boom der Drogen-Spione, die zum Einsatz kommen: Hunderte Firmen sind bereits auf derartige Spionagetä- tigkeit spezialisiert. Bei Pinkerton zum Beispiel ist allein im zweiten Halbjahr 1989 dank dieser Drogen- Spionage der Umsatz um 40 Pro- zent gestiegen. Eine andere derar- tige Uberwachungsfirma - Profes- sional Law Enforcement (PLE) Dayton/Ohio - konnte seit 1985 die Umsätze jährlich verdoppeln. Es hat sich gezeigt, daß Drogen-Be- nutzer ein Drittel weniger produk- tiv als andere Beschäftigte sind. Sie kommen dreimal mehr zu spät zur Arbeit und sie machen zweieinhalb- mal häufiger „blau" - oft eine gan- ze Woche lang - als andere Be- schäftigte. Schließlich haben Dro- gen-Abhängige viermal mehr Ar- beitsunfälle als die anderen.

Die US-Unternehmen sind jeden-* falls in Bedrängnis und wollen das Erforderliche tun. Dazu gehört der Einsatz von Drogen-Spionen.

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