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Hits von gestern

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Bei den Broadwayproduzenten kann man dieses Jahr wirklich feststellen, daß Theaterleute meist Optimisten ßinid und ihr Himmel voller Geigen hängt. Geigen im wahrsten Sinne des Wortes, denn mehr „Musicals“ als je zuvor sind in den Spielplänen der verschiedenen Theater zu finden. Und meist sind es alte Bekannte, die jetzt in neuem Gewand auftauchen. Der Broadway, seine Produzenten und Direktoren verlassen sich, scheint's, darauf, daß die großen Erfolge der fünfziger Jahre, jetzt fast ein Viertel Jahrhundert später ihren Erfolg in musikalischer Version wiederholen und die an großer Blutarmut leidenden Kassen füllen werden.

Es besteht guter Grund, daß die Hoffnungen, die man in diese Musi-oals setzt, in Erfüllung gehen werden. Die „Nostalgiewelle“ ist noch keineswegs abgeflaut — die Tatsache, daß ein sentimentales Musical, „A Little Night Music“, mehr ein Singspiel, eines der wenigen überlebenden Stücke der vergangenen Saison ist und sogar jetzt in ein größeres Haus umziehen mußte, gibt denjenigen, die aus Erfolgen von gestern Erfolge von heute machen wollen, recht.

Das erste Stück in der Kategorie „Neuaufführungen“, Anouilhs „Walzer der Toreros“, ist ein ebenso starker Erfolg geworden wie es in seiner ursprünglichen New Yorker Aufführung vor Jahren war. Lorraine Hans-berrys „Raisin in the Sun“ ist zum Musical umgearbeitet worden und hat volle Häuser am Broadway, Carol Channing wird in einer Version von „Gentlemen Prefer Blondes“ als „Lorelei“ diesmal sicherlich wieder erfolgreich über die Bühnen gehen. Das Team Alan Jay Lerner und Frederick Lowe („My Fair Lady“) läßt das große Erfolgsmusical der Leinwand nun als Bühnenmusical aufkreuzen: „Gigi“ — ob es gelingen wird, den Charme Maurice Chevaliers, die bezaubernde Naivität Leslie Carons und das Draufgängertum eines Louis Jourdan von der Leinwand auf die Bretter zu bringen, wird sich zeigen. Aber wahrscheinlich sind die Sorgen um dies alte neue Baby grundlos.

„Pyjama Game“ — ebenfalls ein

Erfolg der fünfziger Jahre, soll jetzt — auf unsere Tage pointiert, mit einer Besetzung, in der weiße und Negerschauspieler die Hauptrollen teilen — ein Spiegelbild unserer Tage werden.

Komödien sind diesmal sehr dünn gesät, nicht einmal Neil Simon wird mit einem seiner alljährlichen Lustspiele vertreten sein — er hat den Stoff für sein Stück „The Good Doc-tor“ aus den Kurzgeschichten Tschechows genommen, die Hauptrolle wird Christopher Plummer spielen, der zusammen mit Tschechow und Neil Simon ein Kassenmagnet sein sollte.

Erfreulicherweise werden Amerikas große Theaterautoren mit neuen Stücken vertreten sein, so Edward Albee mit „The Seasoape“ (Erstaufrührung erst nach Wien), Tennessee Williams mit „The Red Devil Battery Sign“ und William Inge in einer neuen Bearbeitung seines „Picnic“, das diesmal „Summerbrave“ heißen wird.

Einer der großen Erfolgsregisseure Hollywoods, Otto Preminger, bringt ein Kriegadrama Erich Maria Remarques auf die Bretter. „Füll Circle“ spielt im Berlin der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegsjahre. Es wird von Peter Stone, einem alten Freund des Dichters, überarbeitet und übersetzt und mit besonderem Interesse erwartet — es dürfte jetzt den Erfolg haben, der ihm Ende der vierziger Jahre in Deutschland versagt blieb.

Das britische Theater, das in vergangenen Jahren stets einen sehr wesentlichen Teil des Broadwayspielplans für sich in Anspruch nahm, exportiert in diesem Jahr erstaunlich wenig. „Crown Matrimonial“ ist das Stück, das eines Tages unweigerlich geschrieben werden mußte: die Story um König Edward VIII. und die Frau, deretwe-gen er seinen Thron aufgab, Wally Simpson. Es wurde von Royce Ry-ton geschickt, mit großem Sinn für Effekte geschrieben, doch wird es wohl kaum in die Literatur eingehen.

Die schauspielerischen Leistungen von Eileen Herlie als Queen Mary und auch George Grizzard als King Edward VIII. sind hervorragend.

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