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Kirchliche Rechtsgeschichte

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Mit dem Erscheinen des fünften Bandes hat PlöcWs großes Werls über üe Geschichte des katholischen Kirchenrechts von den Anfängen bis rur Erlassimg des neuen Kirdüichen Gesetzbudies (1917) erfreulicherweise seinen Abschluß gefunden. Mit diesem fünften Band ist zugleich auch die Darstellung der Kirchlichen Rechtsgeschichte der Neuzeit vollendet, der der dritte, vierte und fünfte Band gewidmet sind. Der hier anzuzeigende Abschlußband behandelt zunächst das Kirchliche Strafrecht, dessen Umfang sich mit dem zunehmenden Verlust des bracchium saecnilare und mit der Übernahme zahlreicher Delikte in das weltliche Strafrecht verringerte, dafür mehr spiritualisiert wurde. Eine analoge Entwiciklung läßt sich beim Vermögens-, Wirtschafts- und Finanzrecht beobachten, indem sich die Wirtschaft weithin von mittelalterlichen Vorstellungen (so allmählich auch vom Kanonischen Zinsverbot) löst (Seite 96 ft.). Eine eingehende Darlegung erfahren die kirchlichen Rechtsquellen (Seite 267 ff.), wobei nicht nur das Corpus Iuris Canonici und seine Ergänzungen, die Konzilssammlungen usw. sowie die Entstehung des 1917 publizierten Codex Iuris Canonici, sondern auch die Rechtscjuellen des orientalischen Kirchen- wie des Staatskirchenrechts edne ausführliche Darstellung erfahren. Zum Abschluß skizziert Plöchl die Entwicklung des Mrchlithen Bil-dungs- und Schulwesens einschließlich der Universität sowie zuletzt die Kirchenrechtswissenschaft der Neuzeit. Wenn deren Darlegung zum Teil etwas kursorisch ausgefallen ist, so hängt die« mit dem recht ungleichmäßigen Stand der Erforschung dieses bei uns nur wenig gepflegten Teilgebietes zusammen; dies läßt den Wunsch aufkommen, daß der wohl derzeit beste Kenner dieses Spezialgebietes, der in Rom lehrende Österreicher Alphonsf M. Stickler, in Ergänzung zu seiner vorzüglichen Quellenkunde seine schon lange vorbereitete kanoni-stische Wissenschaftsgeschichte recht bald veröffentlichen möge! Daß Plödils insgesamt weit über 2500 Druckseiten umfassendes Werk auch ednem tatsächlichen Bedürfnis von Forschung und Lehre entgegenkommt, zeigt der Umstand, daß die drei ersten Bände bereits eine zweite, stark vermehrte und verbesserte Neuauflage erfahren haben: erst vor kurzem ist vom dritten

Band — dem ersten der drei der Neuzeit gewidmeten Bände — die zweite Aullage erschienen. Dieser befaßt sich vornehmlich mit dem kirchlichen Verfassungsrecht und dem öffentlichen Recht der Neuzeit Die Schlagworte: päpstlicher Primat Kardinalat, Kurie, päpstliches Ge-sandtschaltswesen, Konkordat, Konzil und Bischofskonferenz, Episkopat und Diözese, Regierung und Aulbau von Diözesen und Missionskirche, Personen- und Ordensrecht geben schon eine bescheidene Vorstellung von Reichtum und Vielseitigkeit des Inhaltes dieses Bandes, dem außerdem durch Einbeziehung auch des orientalischen Kirchenrechts besondere Bedeutung zukommt. Hervorragende, ähnlich breit angelegte, jedoch systematisch gehaltene Kirchenrechtswerke der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie die von Phillips, Hinschiu.s, Scherer, sind leider Fragment geblieben. Plöchl ist es dagegen gelungen, noch in sehr rüstigem Alter sein Monumentalwerk zum glücklichen Abschluß zu bringen, obwohl er eine ungeheure, sich zeitlich über fast 2000 Jahre und räumlich — ohne nationale Begrenzung — über den jeweiligen Orbis catholicus sich erstreckende Rechtsentwicklung in ein völlig neues System gebracht und dazu für manches Teilgebiet noch primäre Quellenforschung betreiben mußte. Diese imponierende zeitliche wie räumliche Ausdehnung des behandelten Stoffes, der hier von einem einzigen Forscher in kühnem Wurf bewältigt wurde, verdient in unserem Zeitalter ausgeprägten Spezialistentums (in dem ähnlich umlassende Werke sonst vcxn einem ganzen Gelehrtenteam geschaffen werden) besonderer Hervorhebung. Plöchls Werk ist zudem die erste Kirchliche Rechtsgeschichte, die auf eine gewisse Vollständigkeit Anspruch erheben darf und an Umfang, Ausführlichkeit wie Vielseiti^eit und. Reichtum des Inhalts ähnliche ältere Gesamtdarstellungen weit übertrifft. Die Universitäten Sofia und Innsbruck haben durch Verleihung der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung, des Ehrendoktorats, diese achtunggebietende Leistung bereits anerkannt. Mit der Gratulation zur Vollendung dieses Lebenswerkes und dem Wunsch nach Neulsearbeitung vermutlich bald vergriffener Bände (einschließlich detaillierterer Zitierung vor allem bei mehrbändigen Werken) sei die Bitte verbunden.

Professor Plöchl möge nunmehr auf Grund seines fünlbändigen Werkes auch einen dringend benötigten kurzgefaßten GruredrijS für Studierende veröffentlichen. Ein solcher würde zugleich auch eine vortreffliche Werbung für das hier angezeigte Monumentalwerk darstellen, das übrigens nicht nur für Juristen, sondem ebenso für Kirchen- und Profanhistoriker, ja auch für Freunde der rechtlichen Volkskunde von hohem Wert Ist

GESCHICHTE DES KIRCHENRECHTS. Von WiüibaU M. Plöchl. 3. Band, 2. Auflage (1970). 634 Seiten, 5. Band (1969), 414 Seiten. Verlag Herold, Wien—München. S 436.—.

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